Stahl- und Metallindustrie: Internationalisierung gewinnt an Tempo
Frankfurt am Main (ots)
PwC-Studie: Konsolidierung der Stahl- und Metallindustrie setzte sich 2005 auf hohem Niveau fort / Zusammenschluss von Mittal und Arcelor würde Konzentrationsprozess beschleunigen / Boom in China bietet ausländischen Konzernen Chancen
Die Konsolidierung der weltweiten Stahl- und Metallindustrie hat sich 2005 auf hohem Niveau fortgesetzt. Zwar sank das Transaktionsvolumen insgesamt leicht, der Wert der grenzüberschreitenden Zusammenschlüsse und Übernahmen stieg jedoch erheblich. In den kommenden Jahren dürfte sich der Konzentrationsprozess vor allem in der Stahlbranche fortsetzen, prognostiziert die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) in der Studie "Forging Ahead: Mergers and Acquisitions Activity in the Global Metals Industry 2005". Insbesondere in China ist eine Konsolidierung zu erwarten, da die stark zersplitterte inländische Stahlindustrie die steigende Nachfrage nach hochwertigen Erzeugnissen kaum noch befriedigen kann. Zusätzliche Impulse könnte die Übernahme des weltweit zweitgrößten Stahlherstellers Arcelor durch den Branchenführer Mittal Steel geben: "Diese Transaktion würde den größten global agierenden Stahlriesen schaffen und damit den Konsolidierungsdruck auf die übrigen Produzenten deutlich erhöhen", erwartet Peter Albrecht, Mitglied des Vorstandes von PwC und zuständig für das Industriesegment Industrial Products and Metals in Deutschland.
Internationalisierung gewinnt an Tempo
Mit 250 Fusionen und Übernahmen in der metallerzeugenden Industrie gab es 2005 deutlich mehr Zusammenschlüsse als im Vorjahr (166). Der Gesamtwert der M&A-Aktivitäten sank allerdings leicht von 37 Milliarden auf rund 35 Milliarden US-Dollar. Ungeachtet des niedrigeren Transaktionsvolumens hat die Internationalisierung der Branche an Tempo gewonnen: Auf Abschlüsse zwischen Unternehmen verschiedener Herkunftsländer entfielen 2004 mit 11,3 Milliarden US-Dollar rund 30 Prozent des gesamten M&A-Volumens, 2005 waren es mit 17,2 Milliarden US-Dollar knapp 50 Prozent.
Der Schwerpunkt der M&A-Aktivitäten lag 2005 in Mittel- und Osteuropa. Das Transaktionsvolumen stieg gegenüber 2004 von knapp 5,5 Milliarden auf 11,9 Milliarden US-Dollar. In Westeuropa sank der Gesamtwert der Abschlüsse von 16,2 Milliarden auf 8,7 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2004 waren allein auf die Mittal-Steel-Fusion gut 80 Prozent des Transaktionsvolumens entfallen. Mit der Salzgitter AG war 2005 auch ein deutsches Unternehmen am Konsolidierungsprozess beteiligt. Die Konzerntochter Mannesmann-Röhrenwerke verkaufte ihren verbliebenen Anteil an V&M Tubes für knapp 680 Millionen US-Dollar an den französischen Joint-Venture-Partner Vallourec.
Stahlerzeuger im Wettbewerb um Rohstofflieferanten
Die weitaus meisten M&A-Aktivitäten entfielen auf den Stahlsektor, für den die Studie 165 Abschlüsse im Gesamtwert von 27,4 Milliarden US-Dollar ausweist (2004: 117 Abschlüsse, Gesamtwert 31,4 Milliarden US-Dollar). Dabei zielen immer mehr Übernahmen nicht auf Stahlproduzenten, sondern auf Rohstofflieferanten. So kaufte Mittal im Herbst 2005 den Stahlhersteller KryvorizhStal nicht zuletzt wegen seiner beträchtlichen Eisenerzreserven für 4,6 Milliarden US-Dollar. Und Mikhailovsky, der zweitgrößte russische Eisenerzproduzent, wechselte für rund 1,7 Milliarden US-Dollar den Besitzer.
Die Aluminiumindustrie ist im Konsolidierungsprozess schon deutlich weiter voran geschritten als die Stahlbranche und verzeichnet zudem ein langsameres Wachstum. Mit 41 Deals wurden im Aluminiumsektor zwar mehr Transaktionen abgeschlossen als im Vorjahr (32 Abschlüsse), ihr Gesamtwert sank jedoch um gut eine Milliarde auf knapp 4,2 Milliarden US-Dollar. Deutlich lebhafter verlief die Entwicklung unter den Produzenten sonstiger Metalle wie Kupfer, Blei und Zink. Die Zahl der Abschlüsse stieg von 17 auf 44, das Transaktionsvolumen legte sprunghaft von 450 Millionen auf knapp 3,3 Milliarden US-Dollar zu.
Schlüsselmarkt China
Für die weitere Konsolidierung der Stahlindustrie ist die Entwicklung des chinesischen Marktes von größter Bedeutung. Bereits heute produziert China mehr Rohstahl als die vier nächst größten Erzeugerstaaten zusammen. Der Stahlverbrauch hat sich seit 1998 vervierfacht und wird in den kommenden Jahren voraussichtlich um jeweils vier bis fünf Prozent steigen.
Der Investitionsboom der vergangenen Jahre hat jedoch in Teilbereichen der chinesischen Stahlindustrie erhebliche Überkapazitäten hervor gebracht. Auf die zehn größten Stahlkonzerne entfielen 2005 geschätzt nur 35 Prozent der landesweiten Erzeugung, im Jahr 2002 waren es noch 43 Prozent. Um dem Margenverfall entgegen zu wirken und den Stahlkonzernen wieder mehr Mittel für die notwendige Modernisierung zu verschaffen, will der Staat den Konsolidierungsprozess voran treiben. Bis Ende des Jahrzehnts sollen die zehn größten Erzeuger die Hälfte des chinesischen Stahls produzieren, so das erklärte Ziel der Regierung.
Zusammenschlüsse auf nationaler Ebene allein werden zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit jedoch kaum ausreichen. Zwar beschränkt die chinesische Regierung den Zugang ausländischer Investoren zum chinesischen Stahlmarkt aus prinzipiellen Erwägungen, doch ist die Stahlindustrie zur Modernisierung auf westliche Technologie und Managementkapazitäten angewiesen. "Damit haben auch ausländische Konzerne die Chance, eine aktive Rolle bei der Konsolidierung der chinesischen Stahlindustrie zu übernehmen und sich im wichtigsten Wachstumsmarkt der Welt zu etablieren", betont Albrecht.
Arcelor-Übernahme würde Konsolidierungsdruck erhöhen
Der Ausgang der Übernahmeschlacht zwischen Mittal und Arcelor ist derzeit nicht vorhersehbar. Doch sollte es zu einem Zusammenschluss kommen, würde dies die Konsolidierung der globalen Stahlindustrie erheblich beschleunigen. Gemeinsam dürften die Konzerne im laufenden Jahr fast 120 Millionen Tonnen Stahl erzeugen und einen weltweiten Marktanteil von zehn Prozent erreichen. Damit wäre der Verbund Mittal/Arcelor größer als die im weltweiten Ranking auf den Plätzen drei bis fünf liegenden Konkurrenten Nippon Steel, JFE Steel und Posco gemeinsam. Zudem entstünde einer der weltweit größten Eisenerzproduzenten.
Während Mittal vor allem in China, Indien, Osteuropa und Zentralasien stark ist, liegen die Schwerpunkte von Arcelor in Westeuropa und Brasilien. Ein Zusammenschluss brächte nicht nur eine neue Dimension bei der Stahlerzeugung, sondern auch den ersten global aktiven Stahlkonzern hervor. "Diese Herausforderung könnten die übrigen Stahlproduzenten nicht ignorieren", erwartet Albrecht.
Die Studie erhalten Sie als Download unter www.pwc.com/metals
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