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AOK: Schrittweise zu mehr Vertragswettbewerb

Bonn (ots)

Auf der Basis eines heute in Berlin vorgestellten
Gutachtens zum Wettbewerb unter Ärzten, Krankenhäusern und anderen
Leistungserbringern will die AOK schrittweise mehr Wettbewerb unter
den Leistungserbringern einführen. Dies erklärte Dr. Hans Jürgen
Ahrens, Vorstandsvorsitzender des AOK Bundesverbandes, auf der "AOK
im Dialog-Veranstaltung" zum Vertragswettbewerb in Berlin. Gert
Nachtigal, Vorsitzender des Verwaltungsrates des AOK-Bundesverbandes,
erklärte, mehr Wettbewerb unter Leistungserbringern müsse auch
Entlastung auf der Ausgabenseite bringen. Arbeitgeber und Mitglieder
benötigten dringend günstigere Kassenbeiträge. Wie dies durch
Reformen auf der Einnahmenseite bewerkstelligt werden könne, darüber
diskutierten derzeit die Experten der Rürup-Kommission. Doch dieser
Fokus alleine sei nicht zielführend. Nötig seien auch strukturelle
Veränderungen. So könne zugleich ein Mehr an Qualität und ein Mehr an
Wirtschaftlichkeit erzielt werden. Grundsatzdiskussionen habe man
darüber lange genug geführt. Jetzt sei es an der Zeit, praktikable
Vorschläge zu machen. Diesem Ziel diene die AOK-Veranstaltung zum
Vertragswettbewerb und das vom AOK-Bundesverband in Auftrag gegebene
Gutachten zum Vertragswettbewerb von einem Team renommierter
Wissenschaftler auf diesem Feld.
Aus Sicht der AOK, so Ahrens, sollten wettbewerbliche Reformen
insbesondere im ambulanten wie im stationären Bereich beginnen. Wolle
man das Ziel "Integrierte Versorgung als Regelversorgung" verfolgen,
dann werde gleichzeitig auch eine Weiterentwicklung zum Ausbau neuer
integrierter Versorgungsstrukturen benötigt.
Der Schwerpunkt müsse jedoch aus reformökonomischen Gründen
zunächst im Krankenhaussektor liegen, da hier mit der Umstellung auf
Fallpauschalen gerade wichtige Voraussetzungen für mehr Wettbewerb
geschaffen würden. Mehr wettbewerbliche Orientierung im
Krankenhausbereich könne damit beginnen, dass die AOK allein und ohne
die anderen Kassen mit den Krankenhäusern verhandeln könne. Dabei
solle sie die Möglichkeit bekommen, von den Preisen (dem
Basisfallwert) abzuweichen und Zu- oder Abschläge je nach Menge und
Qualität der Leistung vereinbaren zu können.
Spätestens nach Abschluss der Konvergenzphase der DRG-Einführung,
also ab dem Jahr 2007, müsse aus AOK-Sicht anstelle der
Bedarfsplanung der Länder, die bisher ja die Betten- und
Leistungskapazitäten festlegen, eine bundeseinheitliche Vorgabe von
zu kontrahierenden Leistungsmengen erfolgen. So solle der Bund
festlegen, welche Leistungsmengen, z. B. Blinddarmoperationen oder
Herzkathederuntersuchungen insgesamt in den Regionen gebraucht
werden. Die jeweiligen Krankenkassen sollten dann entsprechend der
kassenspezifischen Versorgungsbedarfe ihrer Versicherten diese
Leistungsmengen einkaufen. Dabei solle es den Krankenkassen
freigestellt sein, diese Leistungen in ausgewählten Krankenhäusern
einzukaufen. In Zukunft müssten die Kassen in Eigenverantwortung
entscheiden können, mit welchem Krankenhaus sie z. B. einen Vertrag
über wie viele Blinddarmoperationen schließen.
Ahrens begrüßte nachdrücklich die Ankündigung des Bundeskanzlers,
im ambulanten Sektor eine Flexibilisierung des Vertragsrechts möglich
zumachen. Insbesondere die Flexibilisierung des Vertragsrechts werde
es möglich machen, zusammen mit innovationsfreudigen Ärzten die
medizinische Versorgung vor allem für chronisch Kranke schnell zu
verbessern. Diese Chance werde die AOK für ihre Versicherten nutzen.
Ahrens: "Der Wettbewerb ist auch im Gesundheitswesen ein
unverzichtbares Instrument zur Produktivitätssteigerung und
Innovationsförderung. Deshalb ist die alleinige Sicherstellung der
ambulanten ärztlichen Versorgung durch die Kassenärztlichen
Vereinigungen (KV) historisch überholt. Sie ist in einer Zeit
entstanden, in der es unter den gesetzlichen Krankenkassen keinen
Wettbewerb gab und zugleich ein Ärztemangel herrschte". Der
Wettbewerb in der vertragsärztlichen Versorgung brauche, so Ahrens,
zur Funktionsfähigkeit für die Partner auf Seite der Ärzte und Kassen
gesetzliche Rahmensetzungen und klare Regeln: Zu nennen seien ein
gemeinsam und einheitlich auf Bundesebene vereinbarter
vertragsärztlicher Leistungskatalog, eine gemeinsam und einheitlich
auf Bundesebene vereinbarte, gemeinsam durchzuführende
Qualitätssicherung, eine gemeinsam und einheitlich auf Bundesebene
vereinbarte Tarifstruktur sowie gesetzliche oder vertragliche Regeln
zu Ebenen, Partnern und Inhalten der Ablösung des
Sicherstellungsauftrages.
Die Ablösung des alleinigen KV-Sicherstellungsauftrages sollte
daher in kontrollierten Schritten entlang eines Entwicklungspfades
erfolgen. Dazu müssten die Kassen für spezielle fachärztliche
Leistungen die Option erhalten, auf Landesebene Einzelverträge mit
zugelassenen Leistungserbringern unter Bereinigung der
Gesamtvergütung bzw. der Krankenhausbudgets abzuschließen. Die
Leistungsinhalte, Qualitätssicherung und die Vergütung seien von den
Vertragspartnern zu regeln. Die Kassen müssten auf Landesebene das
Recht erhalten, mit zusätzlichen Leistungserbringern (Krankenhaus,
Netze, Gesundheitszentren) Versorgungsverträge abzuschließen, wenn
der Sicherstellungsauftrag durch zugelassene Leistungserbringer nicht
zu mehr als 100 % erfüllt sei. Gleichzeitig müsse das Recht
geschaffen werden, für diese Verträge eine prospektive Bereinigung
der Gesamtvergütung bzw. der Krankenhausbudgets vorzunehmen. Für alle
Leistungen im Rahmen der Einzelverträge übernehme die AOK dann den
Sicherstellungsauftrag.
Diese schrittweise Ersetzung des alleinigen
KV-Sicherstellungsauftrages biete die Chance zu Qualitätssteigerungen
und Kostenreduktion. Um das Risiko von Leistungsausweitung,
kostentreibendem Kassenwettbewerb und übereilter Budgetablösung zu
minimieren, müsse hier mit Augenmass vorgegangen werden.
Gleichzeitig könne eine Reform der KV-Strukturen mit Schaffung
eines hauptamtlichen Vorstandes für mehr Professionalität der KVen
sorgen im Interesse einer besseren Dienstleistungsqualität für Ärzte
und Krankenkassen. Heute blockierten Machtinteressen einzelner
KV-Fürsten oft eine Reform der Versorgungsstrukturen. Ahrens: "Der
Kanzlers hat recht, wenn er diese eigensüchtigen Blockaden überwinden
will. Dies ist im Interesse von Patienten, engagierten Ärzten und
reformbereiter Krankenkassen."
Ahrens dankte dem Gutachterteam der Professoren für ihre
wegweisende Arbeit. Damit stünden für die Reformdiskussion
ausgereifte Vorschläge zur Verfügung.
Herausgeber:
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