Gemeinsame Presseerklärung AOK, Barmer, KBV
Fristgerechte Einführung des Morbi-RSA im Interesse von Patienten, Ärzten und Beitragszahlern
Berlin (ots)
AOK, BARMER und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) treten gemeinsam für die fristgerechte Einführung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) ein. Dies sei im Interesse von Patienten, Ärzten und der Beitragszahlern dringend notwendig, erklärten heute auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Hans Jürgen Ahrens, der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Dr. Eckart Fiedler, und der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Köhler.
Die Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs (RSA) hin zu einer Orientierung an der Morbidität der Versicherten stehe bereits seit 2001 im Gesetz, betonten die Vorstandsvorsitzenden. Jetzt seien Bund und Länder gefordert, die Verfahrensregelungen zügig zu verabschieden, die zur gesetzlich vorgesehenen Einführung des Morbi-RSA notwendig seien. Nur so könnten die Verbesserungen fristgerecht 2007 wirksam werden. Die fristgerechte Einführung des Morbi-RSA optimiere die Wettbewerbsordnung der Kassen zum Wohl der Patienten. Effiziente Versorgung von Patienten werde damit künftig zum zentralen Wettbewerbsziel für Ärzte und Krankenkassen. Die Vorstandsvorsitzenden begrüßten daher, dass Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt deutlich gemacht habe, dass die Rechtsverordnung in Kürze auf den Weg gebracht werde. Der Morbi-RSA müsse wie vom Gesetzgeber vorgesehen ab 1.1.2007 praktiziert werden, denn die morbiditätsabhängige Vergütung der Ärzte könne nur auf dem stabilen Fundament des Morbi-RSA aufgebaut werden.
Dr. Andreas Köhler sagte: "Es ist primäres Anliegen der KBV, eine stärker am medizinischen Bedarf der kranken Patienten orientierte Vergütung des Arztes zu erreichen, damit die Patienten besser versorgt werden könnten. Dieses Ziel ist mit den vom Gesetzgeber ab 2007 vorgegebenen morbiditätsorientierten Regelleistungsvolumen für niedergelassene Ärzte weitaus besser zu erreichen als mit den heutigen Vergütungssystemen." Bekannt sei auch, so Köhler weiter, dass das Morbiditätsrisiko der Versicherten sehr unterschiedlich auf die gesetzlichen Krankenkassen verteilt sei. Logische Konsequenz dieser Tatsachen sei, dass die künftige Vergütung der Ärzte nach dem Morbiditätsrisiko nur funktionieren könne, wenn auch die Einnahmen der Krankenkassen sich am Morbiditätsrisiko orientierten. Deshalb sei die Einführung des Morbi-RSA eine notwendige Voraussetzung für eine verbesserte medizinische Versorgung. Der heutige RSA zwinge die gesetzlichen Krankenkassen, sich um gesunde statt um kranke Versicherte zu bemühen.
Dr. Hans Jürgen Ahrens machte daher deutlich: "Eine morbiditätsorientierte Vergütung ist erforderlich für die bedarfsgerechte Versorgung der Kranken auch in der Zukunft. Der morbiditätsorientierte RSA bildet dafür die entscheidende Voraussetzung: Ohne den Morbi-RSA könnten die Versorgerkassen, bei denen im Durchschnitt deutlich mehr Kranke versichert seien als bei anderen Kassen, eine morbiditätsorientierte Vergütung der Ärzte nicht bezahlen. Darüber hinaus verstärkt er zugleich Anreize für eine möglichst wirtschaftliche Leistungserbringung in allen Leistungssektoren. Deshalb geht es beim Morbi-RSA um eine gesundheitspolitische Weichenstellung, von der die Patienten profitieren. Umfangreiche Anwendungserfahrungen in anderen Ländern beweisen zudem die Praktikabilität des Morbi-RSA. Die USA und die Niederlande machen es vor: morbiditätsorientierte Ausgleichssysteme sind machbar - man muss sie nur einführen!"
Ahrens erklärte weiter, die anstehende Rechtsverordnung des BMGS zur termingerechten Umsetzung des gesetzlich ab 2007 vorgesehenen Morbi-RSA benötige - wie bei der Grundsatzentscheidung 2001 - erneut die möglichst breite Unterstützung von Bund und Ländern. Dies wollen AOK, Barmer und KBV im Dialog mit Politik und Medien deutlich machen und um Zustimmung werben.
Dr. Eckart Fiedler erteilte dem von interessierter Seite geäußerten Vorwurf, es gebe ein gleichgerichtetes Interesse von Kostenträgern und Leistungserbringern, teure Fälle "zu produzieren", eine scharfe Absage. "Der Morbi-RSA ist kein Vollkostenausgleich", so Fiedler, "sondern berücksichtigt nur die Durchschnittskosten einer Erkrankung. So kann sich nur die Kasse im Wettbewerb behaupten, die ihre Kosten unter dem Durchschnitt hält." Manipulationen beuge zudem das von den Wissenschaftlern vorgeschlagene prospektive Verfahren vor, nach dem nicht die tatsächlich anfallenden Krankheitskosten des laufenden Jahres ausgeglichen werden, sondern nur die Kosten, die diese Erkrankung im Folgejahr verursacht. Insofern bleiben beispielsweise ambulante Operationen für die Kasse vorteilhafter.
Durch den Morbi-RSA werde der Wettbewerb unter den gesetzlichen Krankenkassen so ausgerichtet, dass Kassen im Wettbewerb erfolgreich sein könnten, wenn sie gemeinsam mit den Ärzten die Qualität der medizinischen Versorgung verbessern. Damit rücke anstelle des Gesunden mit gutem Einkommen der Kranke in den Mittelpunkt. Bislang erhalten die Kassen aus dem Finanzausgleich für ihre Versicherten gleich hohe Gutschriften, unabhängig davon, ob diese gesund oder chronisch - zum Beispiel an Rheuma - erkrankt sind. Dies führt heute dazu, dass Kassen für drei Viertel der Versicherten, die nur drei Prozent der gesamten Leistungsausgaben verursachen, 60 Prozent der RSA-Gutschriften erhalten. Aus diesem Grund profitieren jene Kassen, die unterdurchschnittlich wenig Kranke versichern. Insofern ist ein "günstiger Beitragssatz" nicht Ausdruck einer besonderen Managementleistung, sondern spiegelt die unterschiedliche Verteilung der Kranken und Gesunden in den einzelnen Kassen wider. Der Morbi-RSA dagegen berücksichtigt im Finanztransfer Schweregrade und Dauer der Erkrankungen. Dabei ist wichtig, dass nur Durchschnittkosten ausgeglichen werden, so dass ein echter Anreiz für einen Wettbewerb um Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung statt Verschwendung für den Wettbewerb um Gesunde gefördert wird.
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