Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
Besonders wertvoller Kinostart für Fatih Akins TSCHICK/Außerdem mit Prädikat im Kino: die romantische Komödie SMS FÜR DICH und der besondere Kinderfilm AUF AUGENHÖHE
Wiesbaden (ots)
Schon die Vorlage zu Fatih Akins neuem Film TSCHICK (Start: 15. September) aus der Feder von Wolfgang Herrndorf war 2010 ein Riesenerfolg. Die Geschichte der Freundschaft von Maik und Tschick, zweier sehr gegensätzlicher 14-jähriger Jungs, die in den Sommerferien mit einem geklauten Lada durch die Lande fahren, begeisterte weit über 2 Millionen Leser. Regisseur Fatih Akin hat nun daraus einen herrlich beschwingten, tragikomischen und sommerlich warmen Film gemacht, der mit großartigen Darstellern, wunderschönen Aufnahmen und einem stimmungsvollen Soundtrack überzeugt. Die fünfköpfige Expertenrunde der FBW vergibt das höchste Prädikat "besonders wertvoll" und schreibt in ihrer Begründung: "Unterstützt von einer ausgezeichneten Kamera- und Schnittarbeit entwickelt TSCHICK einen Rhythmus und Drive, der der Vorlage gerecht wird, ohne diese stur nachzuahmen. Man hat das Gefühl, dass sich Autor und Regisseur gesucht und gefunden haben. Schön, dass der vor kurzem aus dem Leben geschiedene Schriftsteller solch eine Würdigung erfährt - noch schöner, dass das Publikum im Kino daran teilhaben darf."
Auch bei der romantischen Komödie SMS FÜR DICH (Start: 15. September) handelt es sich um eine Romanverfilmung. Zugleich ist der Film das Regiedebüt der Schauspielerin Karoline Herfurth, die auch in der Hauptrolle zu sehen ist. Sie spielt die Kinderbuchillustratorin Clara Sommerfeld, deren Verlobter Ben vor ihren Augen bei einem Verkehrsunfall stirbt. Zwei Jahre verkriecht sie sich auf dem Landgut ihrer Eltern. Schließlich kehrt sie zurück und wohnt bei ihrer Freundin. Um Bens Tod zu verarbeiten, schreibt sie SMS an seine alte Handynummer - ohne zu ahnen, dass diese auf dem Handy eines Sportjournalisten ankommen. SMS FÜR DICH ist eine Romantic Comedy, die den Zuschauer mit Timing, Witz und großer darstellerischer Spielfreude verzaubert, und die sich, so die unabhängige FBW-Jury, "nicht hinter den großen Vorbildern aus Übersee verstecken muss". Dafür sorgen auch "die Balance zwischen Heiterkeit und ernsthaften Momenten, die auf dem schmalen Grat zwischen Romantik und Kitsch balancieren, die treffend gespielten und inszenierten Nebenfiguren (allen voran die Sidekicks Frederick Lau und Nora Tschirner, aber auch Katja Riemann als exzentrische Schlagerdiva) sowie die liebevolle Ausstattung." Die Jury verleiht das Prädikat "besonders wertvoll".
Als der zehnjährige Waisenjunge Michi erfährt, dass er einen Vater hat, ist das für ihn die beste Nachricht überhaupt. Doch als er ihn besucht, ist er schwer enttäuscht - denn sein Vater ist kleinwüchsig. Zunächst lehnt Michi seinen Vater ab. Doch nach und nach raufen die beiden sich zusammen und erkennen, dass Größe in einer Familie nun wirklich keine Rolle spielt. Die Filmemacher Evi Goldbrunner und Joachim Dollhopf haben AUF AUGENHÖHE (Start: 15. September) im Rahmen der Initiative "Der besondere Kinderfilm" entwickelt und erzählen eine ungewöhnliche Vater-Sohn-Geschichte, die berührt, unterhält und zum Nachdenken und vor allem Nachahmen anregt. Denn es geht um Toleranz und das Akzeptieren vom "Anderssein". Die FBW-Jury zeichnet den Kinder- und Jugendfilm mit dem höchsten Prädikat "besonders wertvoll" aus. In ihrem Gutachten lobt sie "das besonders gute Drehbuch, das als Grundlage für diesen dramaturgisch und handwerklich überzeugend ausgeführten Kinderfilm dient, der Probleme nicht glättet, sondern offen zur Diskussion stellt. In jeder Hinsicht ein besonderer Kinderfilm!" Auch die Jugend Filmjury vergibt mit fünf Sternen ihre höchstmögliche Wertung und empfiehlt den Film ab 9 Jahren, "weil es im Film auch um die Gefühle des Vaters geht und die erst ab diesem Alter richtig nachvollziehbar sind".
In der kommenden Woche mit Prädikat im Kino: Das Drama 24 WOCHEN und der Jugendfilm LENALOVE.
Mehr Informationen zu aktuellen und kommenden FBW-Empfehlungen unter www.fbw-filmbewertung.com.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet herausragende Filme mit den Prädikaten wertvoll und besonders wertvoll aus. Über die Auszeichnungen entscheiden unabhängige Jurys mit jeweils fünf Filmexperten aus ganz Deutschland. Die FBW bewertet die Filme innerhalb ihres jeweiligen Genres.
Die Jugend Filmjurys der FBW sind mit 10-14-jährigen Schülerinnen und Schülern besetzt. Sie sind an insgesamt acht Standorten in Deutschland etabliert und sichten vor Kinostart das Filmprogramm für 5-14-jährige. Mehr unter www.jugend-filmjury.com.
Prädikatsfilme vom 15. September 2016
Tschick
Tragikomödie, Spielfilm. Deutschland 2016.
Maik Klingenberg ist nicht gerade der Beliebteste in seiner Klasse. Er ist der klassische Außenseiter, hat nicht wirklich Glück bei den Mädels und fällt auch sonst kaum auf. Kein Wunder, dass ihn das schönste Mädchen in der Schule nicht bemerkt. Doch eines Tages betritt "Tschick" die Klasse. Der Junge aus Russland wirkt unzugänglich, trägt furchtbare abgetragene Klamotten und bringt selbst die coolen Jungs aus der höheren Stufe dazu, die Straßenseite zu wechseln. Maik findet Tschick seltsam. Doch Tschick findet Maik interessant. Und so steht er zu Beginn der Sommerferien vor Maiks Haustür. Die Mutter, die zuviel trinkt, ist mal wieder auf Entzug, der Vater auf Geschäftsreise. Für Tschick ist die Sache klar: Maik und er sollten raus hier, einfach mal weg. Das passende Gefährt dafür, einen alten Lada, hat Tschick schon "geliehen", und Maik steuert das Geld bei, das sein Vater ihm dagelassen hat. Tschick scheint jedoch so gar keinen Plan zu haben, wo es überhaupt hingehen soll. Maik ist skeptisch. Und weiß noch nicht, dass er diesen Sommer nie mehr vergessen wird. Der Erfolgsroman TSCHICK von Wolfgang Herrndorf erschien im Jahr 2010 und wurde bis heute weit über 2 Million Mal verkauft. Nun hat sich Fatih Akin der Vorlage angenommen und aus der Geschichte über die Freundschaft zweier Jungs, die gegensätzlicher nicht sein können, einen herrlich beschwingten Road Trip gemacht. Die Geschichte lebt von der Spontaneität und Unerwartbarkeit der Ereignisse, von der Sommerstimmung der großartigen Bilder des Kameramanns Rainer Klausmann und von den sensationellen Darstellern, die ihre Rollen federleicht verkörpern. Tristan Göbel ist Maik, der als unscheinbarer Junge im Laufe des Films erwachsener, reifer und ein großes Stück selbstbewusster wird. Und Anand Batbileg ist Tschick, der nach außen hin furchtbar cool tut und dennoch nach und nach ganz viel Wärme und echte Gefühle offenbart, wozu auch Ängste und Selbstzweifel gehören. Zusammen entwickeln die beiden eine großartige Chemie, perfekt ergänzt durch ein stimmiges Ensemble. Als Road Movie funktioniert TSCHICK ebenso gut wie als Coming-Of-Age-Geschichte, denn zusammen mit den Beiden begibt sich der Zuschauer auf eine Reise und sieht ihnen dabei zu, wie sie an ihren Erlebnissen und Erfahrungen reifen und dabei herrlich skurrilen und doch authentischen Figuren begegnen. Der Soundtrack steckt voller guter Tracks, wobei die Auswahl des Titeltracks, Richard Claydermans "Pour Adeline", dem Trip einen ganz besonders nostalgisch-verdrehten Charme verleiht. Nicht alle kleinen Geschichten in diesem großen Film werden am Ende auserzählt. Doch viel wichtiger erscheint es sowieso, mit Maik und Tschick die wunderschönen Momente auf der Reise zu erleben. Fatih Akins TSCHICK ist eine kongeniale und stimmungsvolle Umsetzung der gefeierten Vorlage. Spannend, unterhaltsam und mitreißend. Und dazu ein Film, der zu Herzen geht.
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/tschick
SMS für dich
Romantic Comedy, Spielfilm. Deutschland 2016.
Zwei Jahre ist es her, dass Claras Verlobter Ben bei einem Autounfall ums Leben kam. Zwei Jahre, in denen sich Clara vor der Welt versteckt hat. Doch nun packt Clara ihre Sachen und zieht zurück nach Berlin, wo ihre beste Freundin Katja sie mit allen Kräften unterstützt. Allerdings kann auch sie die schwarzen Wolken über Claras Seele nicht vertreiben. Clara vermisst Ben - und sie möchte mit ihm reden. Natürlich geht das nicht. Doch Katja rät ihr, dass die beste Alternative zum Reden doch wohl das Nachrichten schreiben ist. Und so schreibt Clara von nun an SMS an Bens alte Handynummer. Doch was sie nicht weiß: Bens Handynummer gehört nun dem Sportjournalisten Mark. Der ist zunächst verwirrt, weil er sich nicht erklären kann, wer ihm da die ganze Zeit schreibt. Doch nach und nach ist er nicht nur berührt durch die Worte, sondern verliebt sich regelrecht in die anonyme Schreiberin. Die ihm bald auch schon im realen Leben begegnen wird. Das Regiedebüt von Karoline Herfurth basiert auf der Romanvorlage von Sofie Cramer und ist der beste Beweis dafür, dass Romantik und Humor sich auf wundervoll leichtfüßige Art und Weise miteinander verbinden lassen. Zu Beginn der Geschichte kehrt der Zuschauer mit Clara zurück vom ruhigen Land in das wuselige Berlin, wo sich kauzige, authentische, mal bodenständige, mal exaltierte Persönlichkeiten tummeln. Diese sind stets Teil diverser Verwicklungen, die mit einer großen Portion Humor erzählt werden. Doch auch die Romantik kommt nicht zu kurz und bindet sich harmonisch in die Geschichte ein. Die Aufnahmen Berlins sind schön gewählt, passend dazu der großartige stimmige Soundtrack. Die Dialoge sind schnell, pfiffig und machen durch ihre Unbeschwertheit und Leichtigkeit großen Spaß. Das liegt auch an dem großartigen, hochkarätig besetzten und beschwingt aufspielenden Ensemble, das Herfurth gekonnt und souverän durch Berlin steuert und das einen mitreißenden Spielspaß auf die Leinwand transportiert. Nora Tschirner als patente, gewitzte und treue beste Freundin, die das Herz am rechten Fleck und auf der Zunge trägt, Frederick Lau als abgebrühter Macho, der jedoch für seinen besten Freund sogar in die Oper geht, Cordula Strathmann als überkandidelte Lektorin, Samuel Finzi als cholerischer Chefredakteur - alle Figuren greifen auf Stereotype zurück, spielen aber gleichzeitig wunderbar selbstreferenziell damit. In besonderem Maße gilt das für Katja Riemann als esoterisch angehauchte Schlager-Chanteuse, die zu einer Art Mentor für Mark wird und ihm zeigt, auf was es wirklich ankommt. Karoline Herfurth als Clara und Friedrich Mücke als Mark sind ein wunderbares Liebespaar, deren Suche nach der Liebe man mehr als gerne durch die Geschichte folgt. SMS FÜR DICH ist Unterhaltung, wie man sie sich wünscht. Federleicht geschrieben, beschwingt gespielt und stimmig inszeniert. Das ist deutsches Kino zum Verlieben!
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/sms_fuer_dich
Auf Augenhöhe
Kinder- und Jugendfilm, Spielfilm. Deutschland 2016.
Michi ist zehn Jahre alt und lebt seit dem Tod seiner Mutter in einem Kinderheim. Als er durch Zufall einen Brief seiner Mutter findet, in dem Hinweise auf einen Mann namens Tom, seinen Vater stehen, malt er sich diesen Vater in den schönsten Farben aus. Und begibt sich auf die Suche nach ihm. Umso enttäuschter ist er, als er feststellen muss, dass sein Vater kleinwüchsig ist. Dazu kommt noch der Hohn seiner Freunde im Kinderheim, die ihn und seinen Vater auf gemeine Art verspotten und sich über sie lustig machen. Eines Tages hält Michi es nicht mehr aus, läuft weg und landet in der Wohnung seines Vaters. Was zunächst der Not entspringt, entwickelt sich im weiteren Verlauf der Handlung zu einer warmherzigen Annäherung und schließlich auch zu wahren Gefühlen füreinander. AUF AUGENHÖHE, der im Rahmen der Initiative "Der besondere Kinderfilm" entstand, ist ein filmisches Plädoyer für Toleranz, Respekt und Offenheit Menschen gegenüber, die nicht der üblichen Norm entsprechen. Michi, gespielt von Luis Vorbach, ist eine ideale Identifikationsfigur, mit der Kinder schon im Grundschulalter mitfühlen und deren Ängste sie verstehen können. Michis anfängliche Scheu und Ablehnung weichen der Erkenntnis, dass Menschen nicht nach Äußerlichkeiten bewertet werden sollten und so zeigt sich, ganz ohne erhobenen Zeigefinger, auf was es wirklich im Leben ankommt. Gleichwohl verharmlost der Film die Probleme, die mit Behinderungen wie der Kleinwüchsigkeit einhergehen, nicht. Er zeigt die alltäglichen Schwierigkeiten, die Ablehnung, die diese Menschen erfahren und zeigt auch die Hilflosigkeit selbst der erwachsenen Freunde Toms. AUF AUGENHÖHE ist ein Film, der Kindern auf sehr emotionale und verständliche Weise ein wichtiges Thema und eine schöne Botschaft näher bringt und auch durch seine Übertragbarkeit auf andere Bereiche überzeugt. Und dazu ein Film, der nicht nur jüngere Zuschauer zu unterhalten weiß. zum Nachdenken anregt und letztlich hoffnungsfroh aus dem Kinosaal entlässt.
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/auf_augenhoehe http://www.jugend-filmjury.com/film/auf_augenhoehe
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