Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
Prädikat besonders wertvoll für MEIN LEBEN ALS ZUCCHINI/Kinostart mit höchstem Prädikat auch für die deutsch-serbische Produktion ENKLAVE und das Oscar nominierte Drama LOVING
Wiesbaden (ots)
Der französisch-schweizerische Animationsfilm MEIN LEBEN ALS ZUCCHINI (Start: 16. Februar) erzählt die Geschichte des 9jährigen Zucchini, der nach dem Tod seiner Mutter in ein Waisenhaus kommt. Dort trifft er auf eine Gruppe gleichaltriger Kinder. Jeder von ihnen hat ein trauriges Schicksal. Und doch lässt sich keiner von ihnen unterkriegen. Denn mit Freundschaft und Zusammenhalt kann man alles schaffen. Die fünfköpfige Jury der FBW verleiht dem Kinderanimationsfilm einstimmig das höchste Prädikat "besonders wertvoll" und schreibt in ihrem Gutachten: "Regisseur Claude Barras und sein Kreativteam haben mit MEIN LEBEN ALS ZUCCHINI einen sehr besonderen Film geschaffen, der in 66 Minuten phantasievoll leicht schwierige Themen behandelt und besonders für Kinder im Grundschulalter empfehlenswert ist."
In einer kleinen serbischen Enklave im Kosovo leben zehn Jahre nach Ende des Krieges nur noch wenige Familien, darunter auch der 10-jährige Nenad, zusammen mit seinem Vater und seinem Großvater. Da die Situation alles andere als ungefährlich ist, wird Nenad jeden Morgen mit einem KFOR-Panzer zur Schule gefahren. Und auch der Priester, der außerhalb der Enklave lebt, weiß, wie fragil der Frieden noch ist. Und wie groß immer noch der Hass der Menschen aufeinander. Unaufgeregt und sachlich erzählt Goran Radovanovic in ENKLAVE (Start: 16. Februar) über einen immer noch andauernden Konflikt in Europa. "Der Regisseur bringt in seinem Film die Absurdität von Bürgerkrieg und ethnischen Konflikten treffend auf den Punkt. Die Szenen sind durchzogen von einer latenten Aggressivität, die verdeutlichen, unter welcher Anspannung die Menschen auch nach dem Ende der Kriegshandlungen leben. Getragen wird das Drama vor allem von der beeindruckenden Leistung von Filip Subaric, in dessen zumeist stummem Mienenspiel sich alle Facetten einer kindlichen Erlebenswelt inmitten einer grausamen und verwirrenden Umwelt widerspiegeln. Ein ungeschminkter Einblick in eine kindliche Seele." So urteilt die Jury der FBW, die den Film mit dem Prädikat "besonders wertvoll" auszeichnet. Und auch die Jugend Filmjury der FBW vergibt für ENKLAVE vier Sterne und empfiehlt den Film ab 14 Jahren.
Die Liebe hat Richard und Mildred Loving zusammengeführt. Eigentlich etwas ganz Normales. Doch 1958, im US-Bundesstaat Virginia, ist dies nicht der Fall. Denn Richard ist weiß, Mildred ist schwarz. Und ihre Eheschließung damit vor dem Gesetz verboten. Richard und Mildred werden gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Was nun beginnt, ist ein jahrelanger Kampf um ihre Rechte. Und damit um die Rechte vieler anderer Menschen. LOVING (Start: 23. Februar), der neue Film von Jeff Nichols, beruht auf der wahren Geschichte des Ehepaars Loving. Die Jury sah in der "ruhigen Erzählweise unter Verzicht auf Aktion und Spektakulum" eine große Stärke des Films, der "seinen Spannungsbogen jederzeit durchhalten kann". Dies verdankt er, so die Jury, "auch dem grandiosen Spiel von Ruth Negga als Mildred und dem kantigen, erdigen und in sich gekehrten Spiel von Joel Edgerton als Richard Loving". Die Jury verleiht dem Oscar nominierten Drama das höchste Prädikat "besonders wertvoll".
Mehr Informationen zu aktuellen und kommenden FBW-Empfehlungen unter www.fbw-filmbewertung.com.
Die Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW) zeichnet herausragende Filme mit den Prädikaten wertvoll und besonders wertvoll aus. Über die Auszeichnungen entscheiden unabhängige Jurys mit jeweils fünf Filmexperten aus ganz Deutschland. Die FBW bewertet die Filme innerhalb ihres jeweiligen Genres.
Die Jugend Filmjurys der FBW sind mit 10-14-jährigen Schülerinnen und Schülern besetzt. Sie sind an insgesamt acht Standorten in Deutschland etabliert und sichten vor Kinostart das Filmprogramm für 5-14-jährige. Die mit 3-5 Sternen empfohlenen Filme werden auf der Homepage www.jugend-filmjury.com veröffentlicht.
Prädikatsfilme vom 16. bis 23. Februar 2017
Mein Leben als Zucchini
Kinderfilm, Animationsfilm. Frankreich, Schweiz 2016.
Eigentlich hat noch niemand den kleinen Jungen bei seinem richtigen Namen gerufen. Er hieß einfach immer schon "Zucchini". Und deswegen ist das auch der Name, auf den er hört und mit dem er von dem netten Polizisten namens Raymond in das Waisenhaus gebracht wird. Denn Zucchini hat keine Eltern mehr. Der Vater ist schon lange weg und die Mutter ist durch einen ganz komischen Unfall auch nicht mehr da. Nun aber soll Zucchini in der fremden Umgebung neue Freunde finden. Das fällt ihm zunächst schwer, geht dann aber doch ganz leicht. Bis eines Tages Camille ins Heim kommt. Und da lernt Zucchini dann tatsächlich etwas ganz Neues kennen. Denn zum allerersten Mal ist er verliebt. Die schweizerisch/französische Koproduktion überzeugt als liebevoll erdachte und kunstvoll umgesetzte Stop-Motion-Animation. Die Figuren wirken mit ihren großen Köpfen zunächst etwas ungewöhnlich. Und doch schließt man sie, auch aufgrund ihrer großartig herausgearbeiteten Charaktere, schnell ins Herz. Zucchini ist dabei das Herz des Films. Man sieht die Geschichte aus seiner Perspektive und kann so miterleben, wie er neue Freundschaften schließt, sich das erste Mal verliebt und auch in einer schier hoffnungslosen Situation dennoch neuen Grund zur Lebensfreude findet. Das alles sind wichtige und zentrale Botschaften, die sich gerade für das jüngere Publikum im Grundschulalter für die Identifikation mit den kleinen Helden anbieten. Untermalt wird die Geschichte von Sophie Hungers wunderbarer Musik und erzählt wird ruhig und mit viel Zeit und Liebe fürs Detail. Ein farbenfroher, verspielter und warmherziger Film, der berührt und begeistert.
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/mein_leben_als_zucchini
Enklave
Drama, Spielfilm. Deutschland, Serbien 2015.
Kosovo, zehn Jahre nach dem Ende des Krieges. In einer kleinen serbischen Enklave leben nur noch wenige Familien, darunter auch der 10-jährige Nenad, zusammen mit seinem Vater und seinem Großvater. Jeden Morgen wird Nenad mit einem KFOR-Panzer zur Schule gefahren. Doch dort ist er mittlerweile der einzige Schüler. Kontakt zu Gleichaltrigen hat er kaum, er sieht sie nur aus dem Panzer, wenn er vorbeifährt und die anderen ihn mit Steinen bewerfen. Als Nenads Großvater immer schwächer wird, bittet ihn sein Vater, Nenads Tante in Belgrad zu suchen. Denn die Familie muss da sein, wenn jemand stirbt. Außerdem soll der Priester geholt werden. Der jedoch weiß, wie gefährlich es ist, sich zwischen den Grenzen zu bewegen. Denn der Krieg mag vorbei sein - doch der Hass der Menschen aufeinander ist noch da. Und er macht auch vor Kindern nicht halt. Der Film von Goran Radovanovic über einen immer noch andauernden Konflikt in Europa, erzählt seine Geschichte unaufgeregt und sachlich. Und doch ist man als Zuschauer tief berührt vom Schicksal des Jungen Nenad, der stellvertretend für eine Generation Kinder steht, die sich, geprägt vom Krieg der vorhergehenden Generationen, ihre eigene ganz neue Identität schaffen müssen und als Unschuldige nichts können für das, was geschehen ist. Tatsächlich gelingt es Nenad, überzeugend von Filip Subaric verkörpert, sich mit zwei albanischen Jungs anzufreunden und die Nähe zu einem Jungen zu suchen, dessen Eltern von Serben getötet wurden. Der Film versetzt sich konsequent in die Perspektive des Jungen, er trägt die Story, ihm folgt man gebannt. Auch der Rest der Figuren, ob Nenads Vater, der Priester, seine Tante, werden von den Darstellern eindringlich und glaubhaft verkörpert. ENKLAVE verortet seine Geschichte nicht konkret, eine dramatische Zuspitzung der Ereignisse gibt es nicht, es sind die leisen Töne, die die Schwierigkeit und auch Unauswegbarkeit der Situation realistisch und fast dokumentarisch vermitteln. ENKLAVE ist ein eindringlicher Film über den Alltag einer Kindheit inmitten eines Nachkriegsgebiets. Und über Freundschaften, die über Grenzen hinweg möglich sind.
http://www.fbw-filmbewertung.com/film/enklave http://www.jugend-filmjury.com/film/enklave
Loving
Spielfilm, Drama. USA, Großbritannien 2016.
Virginia, 1958. Richard Loving liebt Mildred über alles. Als Mildred schwanger wird, ist es für Richard überhaupt keine Frage, sie zu heiraten und mit ihre eine gemeinsame Existenz aufzubauen. Doch Richard ist ein Weißer, Mildred eine Schwarze. Und in Virginia verbietet ein Gesetz die sogenannten "Mischehen". Richard und Mildred werden verhaftet und zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Dies bleibt ihnen nur dann erspart, wenn sie Virginia verlassen und für 25 Jahre nicht mehr dorthin zurückkehren. Richard und Mildred akzeptieren das Angebot und ziehen nach Washington. Doch Mildred vermisst ihre Familie und fühlt sich im neuen Zuhause nicht wohl. Die Jahre vergehen. Und in Mildred wächst der Wunsch, gegen die Ungerechtigkeit aufzubegehren. Sie nimmt Kontakt zu Menschenrechtlern und Anwälten auf und ist entschlossen, für die Liebe zu kämpfen, die vom Staat nicht gewollt ist. Der Fall Loving vs. Virginia ging 1967 in die US-Geschichtsbücher ein. Denn fortan war die Ehe ein Grundrecht, ohne Einschränkung durch die Hautfarbe. In LOVING setzt Regisseur Jeff Nichols dem Ehepaar Loving ein Denkmal und zeigt die beiden Protagonisten als stille Helden, denen es nicht um den großen und dramatischen Bürgerrechtskampf geht, sondern um die simple Gerechtigkeit und die Anerkennung ihres Glücks. Von der ersten Minute an glaubt man dem Paar seine Nähe, Vertrautheit und Liebe. Ruth Negga spielt Mildred mit sanfter Entschlossenheit, wohingegen Joel Edgerton als Richard mit einer Mischung aus Verbissenheit und dem gleichgültigen Streben nach dem richtigen Handeln überzeugt. Das Thema vermittelt sich bei Nichols auch dank seines gut gebauten Drehbuchs eindrücklich, obwohl der Film auf die stereotypen Bilder des Rassismus verzichtet. Doch dieser zeigt sich in Dialogen, Blicken, Alltagssituationen und wirkt durch seine Beiläufigkeit noch viel unmittelbarer, weil näher. Dafür sorgen auch die ruhige Kameraführung und die bewusst langsame Erzählweise, die den Zuschauer die Bedrohung stets spüren lassen. Das Set-Design ist bis ins Detail stimmig und lässt die 1950er und 1960er Jahre zum Leben erwachen. LOVING von Jeff Nichols ist ein unaufgeregt erzählter Film, der seine Botschaft eindringlich, sensibel und mit viel Liebe vermittelt. Und der daran erinnert, dass die Liebe keine Hautfarbe kennt.
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