VDE Verb. der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik
VDE-Studie: Im Stromnetz drohen Engpässe
Frankfurt am Main (ots)
Entscheidungsstau im Netzausbau
Das deutsche Stromnetz muss "fit" für die Zukunft werden. Die Investitionen in die deutsche Stromversorgungssystem haben seit den 80er Jahren um circa 40 Prozent abgenommen. Die durchschnittliche Ausfallzeit ist 2004 von zuvor 15 Minuten auf 23 Minuten pro Jahr gestiegen. Durch den ansteigenden Einsatz regenerativer Energien erreichen die Netze zunehmend ihre Kapazitätsgrenze. Die Gefahr von Engpässen und Blackouts nimmt zu. Zu diesen Ergebnissen kommt die neue VDE-Studie zur Versorgungsqualität. In die Kapazität und in intelligente Techniken zur Steuerung der Versorgungssysteme müssen Milliardenbeträge investiert werden. Da allein schon die Genehmigung für den Netzausbau mehrere Jahre dauert, müssen Entscheidungsgrundlagen und Regularien rasch geschaffen werden, um den Leitungsbau zu beschleunigen. Gleichzeitig lassen sich die Kapazitäten des Übertragungsnetzes durch den Einsatz neuester Technologien signifikant erhöhen. Die Bundesbürger selbst sind für Energietechnik als Zukunftstechnologie. Rund 90 Prozent befürworten laut VDE- Verbraucher-Panel Technik 2006 ein größeres Engagement Deutschlands im Bereich der Energietechnik.
Bis zum Jahr 2020 geht altersbedingt oder aus politischen Gründen etwa die Hälfte des heutigen Kraftwerkparks vom Netz. An die Stelle des Stroms aus konventionellen Anlagen mit stabiler Erzeugung tritt vermehrt regenerative Energie, vor allem aus Windkraft. Deren Erzeugung schwankt stark. In Starkwindzeiten deckt sie 18 Prozent des Spitzenleistungsbedarfs, im Durchschnitt jedoch gut fünf Prozent. Verbrauchsferne Standorte neuer Kraftwerke wie Offshore-Windparks erfordern den Bau neuer Trassen. Der Zusammenschluss vieler Kleinerzeuger zu virtuellen Kraftwerken verlangt intelligent gesteuerte Netze. Für den zunehmenden Stromhandel in liberalisierten Märkten sind ebenfalls zusätzliche Leitungskapazitäten erforderlich, so der VDE.
"Vermehrt kleine Erzeuger, viel Wind und der weit weg - auf diese Parameter der Stromerzeugung müssen die Netze eingestellt werden", betonte der Vorsitzende der Energietechnischen Gesellschaft im VDE, Prof. Wolfgang Schröppel, in Berlin. Die frühere homogene Verteilung von Last und Erzeugung gebe es so nicht mehr. Schröppel forderte ein Aufrüstungsprogramm in IT und Leistungselektronik, da die künftigen Anforderungen nur mit intelligenter Netztechnik zu bewältigen seien. Beim Einsatz der Informationstechnologie für die Versorgungsqualität im Stromnetz sei Deutschland mit führend. "Unser Know-how in innovative Netztechnik hat das Zeug zum Exportschlager", formulierte Schröppel.
Die Studie nennt für Versorgungsqualität drei Kriterien: hohe Zuverlässigkeit, gleich bleibende Spannungsqualität und guten Kundenservice. Hierzu besteht Regulierungsbedarf. Laut VDE-Studie ist es auch wichtig, den Übertragungsnetzbetreibern Nutzungsentgelte und Netzrenditen zuzugestehen, die den zukunftsfähigen Ausbau und Betrieb der Netze ermöglichen. Unterschiedliche Versorgungsqualitäten - etwa für Haushalte und sensible High-Tech-Produzenten - zu differenzierten Preisen sind laut VDE-Studie zu erwarten.
Hohe Standards der Versorgungsqualität sind nach Ansicht von VDE-Präsidiumsmitglied Schröppel ein Standortfaktor ersten Ranges. Auf diesem Gebiet habe Deutschland einen signifikanten Vorsprung, der auf keinen Fall verspielt werden dürfe. Die Bedeutung der Effizienz, Zuverlässigkeit und Qualität der Stromversorgung für den High-Tech-Standort Deutschland könne man nicht hoch genug einschätzen. Die Stabilität in der Vergangenheit sei keine Garantie für die Zukunft, da sich grundlegende Bedingungen änderten. Das Thema Netze sei genau so wichtig wie die Versorgung mit Primärenergie.
Die Studie analysiert die Ursachen der zunehmenden Beanspruchung der Netze, ermittelt den Handlungsbedarf und gibt Empfehlungen, wie die Versorgungsqualität im deutschen Stromversorgungssystem effizient ermittelt, bewertet und langfristig optimiert werden kann. Sie liefert damit Netzbetreibern, aber auch dem Staat und der EU als Regulatoren eine fundierte Hilfestellung für die anstehenden technischen, wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen.
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