Juliette Gréco: Ich will schließlich nicht als Idiotin sterben
Hamburg (ots)
Die Chanson-Sängerin Juliette Gréco, die im Februar ihren 80. Geburtstag feierte, hat keine Angst vor dem Alter. "Das Alter hatte für mich nie eine Bedeutung. Ich finde es dumm, gegen das Leben zu kämpfen. Ganz im Gegenteil muss man dankbar sein, 80 Jahre alt zu werden und immer noch den Beruf auszuüben, den man liebt. Reisen zu können, Menschen zu treffen, ein leidenschaftliches und anstrengendes Leben führen zu können", sagt sie der ZEIT.
Noch jetzt empfindet die Gréco, die am 13. November in Berlin singen wird, ihr Verhältnis zum Publikum wie einen Liebesakt: "Es ist ein Liebesakt. Er ist physisch spürbar. Es ist die totale Lust. Manchmal herrscht eine bestimmte Stille im Saal - ganz so, als habe man die Zeit angehalten. Als gebe es nichts anderes als uns. Das Publikum und mich. Das ist ein überwältigendes Gefühl. Es ist ein Liebesakt mit einem sehr geheimnisvollen Liebhaber. Mit einem, den man sich nicht ausgesucht hat. Und das war bei mir niemals der Fall. Ich habe mir meine Liebhaber immer ausgesucht. Ich. Was übrigens sehr einfach ist, wenn ein Angebot vorliegt. Kompliziert wird es nur, wenn kein Angebot vorliegt."
Die Sängerin spricht in der ZEIT auch über ihre Beziehungen zu Frauen: "Ich wollte schließlich nicht als Idiotin sterben ... Warum sollte man nicht die gleiche sinnliche und intellektuelle Liebe für eine Frau empfinden können wie für einen Mann? Seit der Antike, seit dem Bestehen der Welt liebten die Frauen Frauen. Also wo ist das Problem?" Sie gibt zu: "Es war ein langer Weg zur sexuellen Selbstbestimmung. Ich galt als extrem skandalös. Denn ich wählte. Ich war frei." Vor Kurzem habe sie einen Brief vom Vatikan bekommen, "in dem sie mich baten, auf Radio Vatikan eine Sendung zu machen. In aller Freiheit. Und das werde ich auch tun. Der Brief hat mich angenehm überrascht. Denn sie wissen genau, dass ich mehr dem Teufel ähnele als einem Engel".
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Das komplette ZEIT-Interview der ZEIT Nr. 46 vom 8. November 2007
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