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Schriftsteller Dieter Wellershoff wurde von der NSDAP als Mitglied geführt

Hamburg (ots)

Der prominente deutsche Schriftsteller und Essayist Dieter Wellershoff, 83, wurde von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) als Mitglied geführt. Wie das ZEITmagazin vom 10. Juni berichtet, existiert eine Karteikarte auf den Namen Wellershoff unter der Nummer 10.172.531 in der NSDAP-Mitgliederkartei im Bundesarchiv. Der Mitgliedskarte zufolge wurde die Aufnahme am 20.04.1944 beantragt und erfolgte rückwirkend zum 20.04.1943. Ein unterschriebener Aufnahmeantrag liegt nicht vor. Allerdings findet sich der am 03.11.1925 in Neuß geborene Wellershoff auf einer namentlichen Liste von 368 NSDAP-Aufnahmeanträgen, die am 28. Oktober 1944 von der Gauleitung Düsseldorf bei der Reichsleitung in München eingereicht wurden.

Wellershoff erlebte das Ende des Kriegs als Wehrmachtssoldat in der Division Hermann Göring. Nach 1945 arbeitete er für den Rundfunk sowie als Lektor und Herausgeber der Werke Gottfried Benns. Der profilierte Schriftsteller ("Der Liebeswunsch") und Essayist ist Mitglied des PEN- Clubs und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

Das Auftauchen von immer mehr NS-Mitgliedskarteikarten prominenter Deutscher hatte regelmäßig für Diskussionen darüber gesorgt, ob die Angehörigen der Jahrgänge 1925-1927 vielleicht ohne eigenes Wissen in die NSDAP aufgenommen wurden. Zu den Betroffenen gehören Martin Walser, Dieter Hildebrandt, Siegfried Lenz, Horst Ehmke, Hans Werner Henze und andere führende Intellektuelle und Künstler der Bundesrepublik. Wellershoff selbst hatte vor zwei Jahren in einem SPIEGEL-Essay die Diskussion um die NS-Karteikarten als "journalistisches Sommertheater" bezeichnet und seine Generationsgenossen in Schutz genommen. Nun äußerte er sich im ZEIT-magazin zu seinem Verhältnis als Jugendlicher zur NSDAP: "Vor diesen braunen Leuten habe ich nur Abscheu empfunden ... Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, dass ich irgendetwas unterschrieben hätte ... Ich war nicht Mitglied der NSDAP! Ich hätte ja verrückt sein müssen, am Ende des Krieges einzutreten. Wem hätte ich damit gefallen wollen können? ... Dass ich den Krieg überlebt habe, das habe ich versucht zurückzuzahlen, indem ich mich aufklärerisch verhalten habe."

Unter Experten besteht inzwischen weitgehend Einigkeit, dass ohne eigenhändige Unterschrift der Betroffenen keine Aufnahme in die NSDAP möglich war. Der Historiker Armin Nolzen resümierte, für eigenmächtige Anmeldungen durch HJ-Führer gebe es bis heute "keinen einzigen empirischen Beweis".

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

den kompletten ZEIT-Text der Vorabmeldung senden wir Ihnen für
Zitierungen gern zu. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Elke
Bunse, DIE ZEIT Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
(Tel.: 040/3280-217, Fax: 040/3280-558, E-Mail: elke.bunse@zeit.de)

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