Bankenaufseher Jochen Sanio im ZEIT-Interview über den Zwist mit der Investorengruppe Cobra, den Grauen Kapitalmarkt und die Zukunft seiner Behörde.
Hamburg (ots)
Der Commerzbank-Großaktionär Cobra bleibt im Visier der Bankenaufsicht. "Eine Rückübertragung der Stimmrechte auf die einzelnen Aktionäre würde die Anteilseignerkontrolle durch das Bundesaufsichtsamt nicht automatisch beenden", sagte der Präsident des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen (BAKred), Jochen Sanio, der Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT. Im übrigen stehe es der Cobra frei, die "Verfügung im Wortlaut bekannt zu machen. Die Öffentlichkeit könnte sich dann ein Bild von der Begründung unseres Vorgehens machen". Am Montag war bekannt geworden, dass die Aufsicht der Cobra die Ausübung ihrer Stimmrechte bei der Commerzbank untersagt hat.
Deutlich wehrt sich Sanio gegen die Eingliederung seiner Behörde in die Bundesbank. "Sollte gegen meine Präferenz politisch die Entscheidung dahin gehen, das Bundesaufsichtsamt in den Bereich der Bundesbank zu geben, muss die Bankenaufsicht von der normalen Zentralbankfunktion organisatorisch getrennt werden", sagt Sanio. Vor einer Entscheidung müsse eine "tiefgreifende ordnungspolitische Diskussion" geführt werden.
Für drängender hält der seit knapp einem Monat amtierende oberste Bankenaufseher Jochen Sanio die Frage, "wie eine moderne deutsche Aufsicht inhaltlich ausgeformt sein muss". Um eine effektive Überwachung der bald auch in Deutschland entstehenden Finanzkonglomerate zu gewährleisten, ist nach Ansicht Sanios insbesondere eine Zusammenführung von Banken- und Versicherungsaufsicht notwendig.
Stärker der Aufsicht unterstellt werden müsste nach Ansicht Sanios auch der Graue Kapitalmarkt, um die Verbraucher besser vor Anlagebetrügern zu schützen. Anders als in den USA gebe es in Deutschland keine präventive Kontrolle. Ausdrücklich lobte er den konsequenten Verbraucherschutz in den USA.
Diese Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 30/2000 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 20. Juli 2000 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Interviews kann angefordert werden.
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