Arno Funke "Vielleicht hat der Knast mir geholfen"
Hamburg (ots)
Arno Funke, der als Dagobert jahrelang den Kaufhaus-Konzern Karstadt erpresst hat, ist nach sechs Jahren aus dem Gefängnis Berlin-Plötzensee entlassen worden und beginnt ein neues Leben. In einem Interview mit dem Ressort Leben der Wochenzeitung DIE ZEIT sagte er, er sei froh, wie sich sein Leben während der Haftzeit entwickelt habe: "Wenn ich das Geld bekommen hätte, hätte ich vielleicht vor mich hin gelebt. Vielleicht hat der Knast mir geholfen, zu mir zu finden und meine intellektuellen Fähigkeiten zu trainieren."
Im Gefängnis habe er unter anderem Dostojewskij und Schopenhauer gelesen und das Buch "Mein Leben als Dagobert" verfasst. Jetzt arbeitet Funke als Drehbuchautor, als Zeichner für das Satiremagazin Eulenspiegel und schreibt an seinem zweiten Buch: "Es wird von den kleinen Träumen handeln, zum Beispiel von einer Wanderung quer durch Deutschland. Der Protagonist ist ein frühpensionierter Beamter und dem Wahn verfallen, er sei ein großer Schriftsteller."
An den Karstadt-Konzern, der von Arno Funke fünf Millionen Mark Schadenersatz fordert, hat Funke noch nichts zurückgezahlt. "Ich verhandele noch. Sogar wenn ich jeden Monat 20.000 Mark zahlte, würden meine Schulden nicht weniger. Allein die Zinsen! Ich verdiene zur Zeit nur etwa 1.000 Mark netto, das ist das Honorar der Drehbuchfirma."
Mit seiner Geschichte als Kaufhauserpresser will Funke trotzdem nicht hausieren gehen. "Der Gedanke, als Fachmann für Kriminalität und Strafvollzug aufzutreten, ist mir zuwider", sagte Funke. Und: "Ich möchte über meine Autorentätigkeit definiert werden oder über meine Arbeit als Zeichner und Fotograf". Der Hochzeit mit seiner Freundin, einer Sozialarbeiterin, die er auf einem Freigang kennen gelernt hat, stehe nichts im Wege, "aber der Zeitpunkt ist noch offen", verriet Dagobert der ZEIT.
Diese Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 34/2000 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 17. August 2000 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Interviews kann angefordert werden.
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