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Tugendhat warnt vor Verharmlosung Nietzsches

Hamburg (ots)

Der Tübinger Philosoph Ernst Tugendhat hat davor
gewarnt, den Philosophen Friedrich Nietzsche zu verharmlosen. In
einem Beitrag für das Feuilleton der Wochenzeitung DIE ZEIT schreibt
Tugendhat, man dürfe nicht übersehen, dass Nietzsche lebenslang in
aller Schärfe die menschliche Gleichheit im Namen der Macht verworfen
und bekämpft habe. Seine "Überzeugung von der Ungleichheit der
Menschen ist älter als seine Moralkritik und fester Bestandteil
seines Denkens." Nietzsche "fühlte sich als Angehöriger einer
Begabtenelite, womit sich die Vorstellung von einer unüberbrückbaren,
blutsmäßig bestimmten Ungleichheit zwischen den 'höheren' und den
'gewöhnlichen' Menschen verband."
Außerdem, so Tugendhat, habe Nietzsche zeitlebens "an der
Notwendigkeit von Sklaverei als 'Bedingung jeder höheren Kultur'"
festgehalten. "Damit es zu "einer 'höheren Kultur' kommen könne",
müsse laut Nietzsche "die 'bevorzugte Klasse' durch die 'Mehrarbeit'
der gewöhnlichen Menschen erhalten werden". Für Tugendhat behandelt
Nietzsche "die angeborene Differenz nicht nur als Faktum; sie ist für
ihn auch notwendig und muss daher erzwungen werden, wenn es Kultur
geben soll."
Unter Anspielung auf die gegenwärtige Nietzsche-Rezeption und die
Festreden zum 100. Todestag schreibt Tugendhat, dass man "bei allen
offensichtlichen Differenzen" durchaus den Anti-Egalitarismus von
Nietzsche mit dem von Adolf Hitler vergleichen könne. Auch bei
Nietzsche gebe es Züge eines "exterministischen Programms," auch wenn
er "vieles nicht gesagt hätte, wenn er gewusst hätte, was man
inzwischen weiss." Weiter schreibt Tugendhat: "Auch in Deutschland
verbreiten wieder anti-egalitäre Schläger Angst und Schrecken. Man
stelle sich vor, sie würden, statt gegen Ausländer, gegen 'die
Schwachen und Missratenen' vorgehen."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 38/2000 mit
   Erstverkaufstag am Donnerstag, 14. September 2000 ist unter
   Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut
   des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
Für Rückfragen steht Ihnen das Team der ZEIT-Presse- und Public
Relations Elke Bunse (Tel. 040/ 3280-217, Fax -558, e-mail: 
bunse@zeit.de) und Victoria Johst (Tel. 040/3280-303, Fax-570,
e-mail:  johst@zeit.de) gern zur Verfügung.

Original content of: DIE ZEIT, transmitted by news aktuell

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