Wolfgang Clement protestiert bei Lionel Jospin - ein unveröffentlichter Brief
Hamburg (ots)
Gewiss wird der deutsche Föderalismus mit Recht gepriesen. Irgendwie langweilig, aber verflixt verdienstvoll. Ein Exportgut nach außen, nach innen Teil des gewachsenen Selbstverständnisses. Die Ministerpräsidenten genießen die Rolle der Landesväter, und das nun schon so lange, dass ihnen der Ruhm ein bisschen zu Kopf gestiegen sein muss. Längst haben sie sich, verfassungsrechtlich komfortabel abgestützt, in Brüssel breit gemacht, manche - Edmund Stoiber zum Beispiel - halten sich dort häufiger oder lieber auf als in Berlin. Die Zaunkönige sind Mitregenten geworden. In dieser Logik liegt wohl auch der nächste Schritt: Der Ministerpräsident als sein eigener Außenminister.
Beim Premierminister Frankreichs, Lionel Jospin, trudelte vor wenigen Tagen folgender Brief ein: "Sehr geehrter Herr Premierminister, mit großer Sorge haben wir in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland von den Entlastungen des Transportgewerbes Kenntnis genommen, die die Regierung Frankreichs als Reaktion auf die gestiegenen Ölpreise veranlasst hat. Unser Transportgewerbe ist im nachbarschaftlichen Verhältnis von diesen Maßnahmen besonders betroffen. Sie führen zu deutlichen Wettbewerbsverzerrungen und gefährden Arbeitsplätze, insbesondere bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen. Nach meiner Auffassung widersprechen die angesprochenen Maßnahmen dem Geist des Binnenmarktes und stehen mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaft und den Beihilfevorschriften des EG-Vertrages nicht in Einklang. Zusammen mit meinen Kollegen aus Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland habe ich deshalb Herrn Kommissionspräsidenten Prodi gebeten, die Rechtmäßigkeit der Entlastungsmaßnahmen Ihres Landes für das Transportgewerbe zu prüfen." Hoffentlich, heißt es zum Schluss, könne das Problem einvernehmlich geregelt werden. "Für entsprechende Gespräche stehen die Leute der Landesregierung und auch ich jederzeit gerne zur Verfügung." Unterschrift: Wolfgang Clement.
Bei Lionel Jospin soll das Schreiben, wie man sich denken kann, nicht gerade besonderes Amusement ausgelöst haben. Und ob Joschka Fischer (oder Gerhard Schröder) vom Konkurrenzunternehmen in Düsseldorf überhaupt etwas wissen?
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