Albert Speer, Sohn von Hitlers Rüstungsminister, in der ZEIT: "Leben ist Risiko"
Hamburg (ots)
Albert Speer, 66, einer der erfolgreichsten deutschen Stadtplaner und Sohn von Adolf Hitlers Chefarchitekt und Rüstungsminister, sagt in der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT, dass er ein unsportliches Kind war, häufig krank - Bronchitis, Scharlach, Kinderkrankheiten - und sehr langsam begriff. "Nach Kriegsende, ich war damals elf, zogen meine Mutter und wir sechs Kinder zu meinen Großeltern nach Heidelberg, wo ich mich durchs Gymnasium mogelte." Mit 13 oder 14 Jahren begann Speer zu stottern. "Niemand wusste, warum ich Sprechprobleme bekam, keiner konnte helfen." Und Speer weiter: "Nur in Zeichnen und Malen war ich gut. Schule war zäh, ich suchte einen Ausweg."
Nach Abschluss der Mittleren Reife verliess Speer die Schule und machte eine Schreinerlehre. Doch schnell wurde ihm klar, dass er "mehr wollte als einen Handwerkeralltag." Er meldete sich am Abendgymnasium an. "Am Wochenende und nach Betriebsschluss von 19 bis 22 Uhr saßen wir auf der Schulbank." Beim ersten Versuch fiel er wegen Mathematik durch die Abiturprüfung, wiederholte sie aber mit Erfolg. "Möglich, dass meine Entscheidung für ein Architekturstudium, unbewusst von Vater und Großvater beeinflusst wurde. ... Gedrängt aber haben sie mich nie, und anders als sie interessierte mich von vornherein die Städteplanung mehr als die Konstruktion von Gebäuden. Mein Vater und ich schrieben uns regelmäßig, gesehen haben wir uns kaum - vor Kriegsende war er meistens unterwegs, danach saß er in Spandau im Gefängnis."
Mit der Architektur seines Vaters allerdings wollte Albert Speer sich damals weder beschäftigen noch sich mit ihm darüber auseinandersetzen. Nach dem Studium nutzte er ein einziges Mal die Beziehungen seines Vaters und bekam eine Stelle im renommierten Frankfurter Planungsbüro Apel, Beckert und Becker, das intensive Amerikakontakte pflegte. Apel war früher Bürochef seines Vaters gewesen. "Ich wurde mit Städteplanung betraut" - eine Leidenschaft, die ihn nicht mehr losließ.
Als er seinen ersten Vortrag halten sollte, hatte Speer Bedenken: "Ausgerechnet ich, der Stotterer". Seitdem reiste er quer durch die Republik und hielt viele Reden. Sein Stottern hat er verloren: "bis heute, extreme Stress-Situationen ausgenommen".
"Geblieben aus jener Anfangszeit ist das Interesse an fremden Kulturen ... und die Einstellung: Leben ist Risiko".
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 03/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 11. Januar 2001 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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