Des Politikers "roter Faden" - Heiner Geißler in der ZEIT über seine Lehrjahre am Jesuiten-Kolleg
Hamburg (ots)
Der CDU - Politiker Heiner Geißler, 70, spricht in der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT über seine Lehrjahre: "Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zieht sich wie ein roter Faden durch meine Kindheit. Wir eckten wegen unseres Glaubens an." Sein Vater war Oberregierungsrat und katholischer Zentrumspolitiker und wurde mehrmals strafversetzt. Geißler: "Wo wir auch hinzogen - überall ging das Theater von neuem los. Ich erinnere mich gut an die Weihnachtsfeier des Jungvolks 1940; wir lebten gerade in Hannover. Der Fähnleinführer rief in die Runde: "Wer katholisch ist, soll aufstehen." Er war mir nicht geheuer, doch Sitzenbleiben schied aus. Als Ministrant wollte ich Flagge zeigen, und mir schossen die vielen Heiligenlegenden durch den Kopf, die ich gelesen hatte. Viele wurden als Märtyrer verbrannt, was mir nicht gefiel, aber imponierte: Lieber wollte ich sterben als leugnen. Ich war der Einzige, der aufstand." Geißler weiter: "Gesinnungsterror konnte ich auch später in der Politik nie leiden."
Nach Kriegsende entwickelte Heiner Geißler in Oberndorf ein "romantisches Verhältnis zum Missionarsleben". Seine Eltern ließen ihn 1946 das Jesuiten - Kolleg in Sankt Blasien besuchen. Heiner Geißler: "Das Internat wurde meine zweite Heimat, ich habe nur beste Erinnerungen daran. Vorher plagte und interessierte mich Schule nicht, nun fand ich Freude am Lernen ... Ich wurde ein hervorragender Mathe-Schüler und schrieb das beste Abitur meines Jahrgangs." Vor allem aber lernte er in Sankt Blasien Selbstdisziplin und soziale Verantwortung. Geißler: "Ich wollte Jesuit werden, um die Welt zu verbessern."
Während des Philosophiestudiums an der Jesuitenhochschule in München - Pullach geriet Geißler in Glaubenskonflikte: "Allmählich begriff ich, dass Jesuitenpriester für mich keine Berufung fürs Leben war. Ein Jahr lang habe ich mit mir gerungen und gelitten, dann verabschiedete ich mich aus dem Orden und schrieb mich in Tübingen für Jura ein. Das war der schlimmste Bruch meines Lebens, danach erschütterte mich fast nichts mehr."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 10/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 1. März 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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