Jürgen Flimm, Präsident des Deutschen Bühnenvereins, in der ZEIT: Das Publikum ist nicht doof
Hamburg (ots)
Der Präsident des Deutschen Bühnenvereins Jürgen Flimm spricht in der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT über die Zuschauerverluste am Theater: "Das Theater ist aufs Mitmachen der Zuschauer angewiesen. Ein Theaterabend ist ein Dialog. Ein Dialog zwischen dem Schauspieler und dem Publikum. Die entscheidende Frage also ist: Werden die Geschichten so erzählt, dass die Leute daran noch teilhaben können? Oder fühlen sie sich ausgesperrt, überfordert? Wenn im Theater kein Dialog stattfindet, sondern nur noch ein Monolog - dann führt das zu dieser elenden, präpotenten Langeweile."
Diese Entwicklung am Theater begründet Flimm mit der zunehmenden Distanz zwischen dem Markt der Kritik und dem Markt der Abendkasse. Die Ansprüche der Zuschauer wurden dabei vernachlässigt. "Vielleicht läuft diese Entwicklung jetzt anders", sagte Flimm der ZEIT: "Je mehr die Etats eingefroren und ohnehin von den Fixkosten aufgefressen werden, desto mehr wird der künstlerische Anteil über die Einnahmen an der Kasse bestritten werden müssen. Das schärft den Blick für die Bedürfnisse des Publikums. Arroganz kann sich bald niemand mehr leisten ... Das Publikum ist überhaupt nicht doof - und auch nicht tümlich."
Jürgen Flimm beklagt ebenfalls einen "Verlust an Geschichten", in denen sich der Zuschauer erkennen kann: "Für mein Empfinden ist das heutige Theater zu sehr auf einem Paralleltrip mit den Zeitströmungen. Es müsste mehr Widerstand entwickeln, Gegenentwürfe bereitstellen. Das war doch immer die große Chance des Theaters ... Wenn es das preisgibt, verliert es sein Bestes - und das Publikum läuft ins Leere". Flimm weiter: "Noch gilt das Theater in unserer Gesellschaft als moralische Zone, noch ist dieses Prestige nicht angeknackst. Wenn es das aber verliert, verliert es seine Zukunft."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 14/2001 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 29. März 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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