Schauspieler Gottfried John in der ZEIT über seine Lehrjahre: "Bigotte Nonnen und Prügelpädagogik"
Hamburg (ots)
Der Schauspieler Gottfried John, 58, bekannt geworden durch seine Arbeit mit den Theaterregisseuren Joachim Fontheim und Hans Neuenfels und mit dem Filmemacher Rainer Werner Fassbinder (u.a. "Acht Stunden sind kein Tag", "Die Ehe der Maria Braun") hat jetzt seine Autobiographie "Bekenntnisse eines Unerzogenen" vorgelegt. John erinnert sich in der neuen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT nur bruchstückhaft an seine Kindheit - "an bigotte Nonnen, an Heimerzieher, die Prügelpädagogik betrieben, und die Jungs im Heim, bei denen das Recht des Stärksten und Gemeinsten zählte." Sein Vater liess ihn und seine Mutter sitzen, weil "Mutter mich katholisch taufen ließ, während ihm die religionsfreie, staatliche Erziehung zum Muster-Nazi vorschwebte."
Nach einem Heimaufenthalt zog er an der Seite seiner Mutter durch die Lande: "Ich fühlte mich von ihr geliebt, blieb aber dennoch einsam ... Wirklich gelernt habe ich durchs Leben. Doch das kostete Kraft, und die gewann ich mit 17, als ich allein in der Kajüte eines Boots auf der Seine hauste und einen autobiografischen Roman schrieb." Als das Romanmanuskript fast fertig war, sank der Kahn und mit ihm die beschriebenen Seiten. Ich blieb unverletzt und begriff: Weiterleben war wichtiger, als in der Vergangenheit zu versinken. Alles ist, wie es sein soll. Das sehe ich bis heute so und mache keine Pläne. Ich will wach bleiben, will den Wert von Situationen erkennen, sie nutzen, wenn sie mir zufallen."
Gottfried John wurde Pflastermaler, las Kafka, Kleist, Jerry Cotton. "Jack London und Euripides wurden meine Gesprächspartner." Er bewarb sich erfolglos am Max-Reinhardt-Seminar in Berlin - für ihn ein "Schritt in die Gesellschaft und in die Unabhängigkeit von meiner Mutter". Marlise Ludwig, ehemalige Lehrerin am Max-Reinhardt-Seminar gab ihm Schauspielunterricht. "Den Durchbruch schaffte ich mit 24, als ich für den erkrankten Hauptdarsteller in Richard III. einspringen durfte, den Joachim Fontheim an den Vereinigten Bühnen Krefeld-Mönchengladbach inszenierte, wo ich unter Vertrag war."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 22/2001 mit Erstverkaufstag am Mittwoch, 23. Mai 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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