ZEIT: Garri Kasparow träumt von einem freien Russland
Hamburg (ots)
Garri Kasparow, 38, erfolgreichster Schachspieler aller Zeiten, war 16 Jahre lang Weltmeister. Im November 2000 verlor er seinen Titel an seinen ehemaligen Schüler Wladimir Kramnik. In der neuen Ausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT berichtet er von seiner Vision eines freien, neuen Russlands: "Ein Traum, den ich nicht verwirklichen kann, für den ich aber lebe."
Kasparow spricht über die neue Angst in seiner Heimat: "Nicht so schlimm wie in der Breschnew-Ära, aber es existiert eine Angst, sich frei zu äußern, bestimmte Dinge zu tun. Man zensiert sich selbst, um nicht anzuecken. Es ist die allumfassende Angst, die unter Lenin entstanden und unter Jelzin gewichen ist. Unter Putin kehrt sie zurück." Kasparow hat die Vision von einem "Land in Blüte, mit Demokratie und Marktwirtschaft", in dem weder Doppelmoral noch Korruption bestimmend sind. Das Parlament und der gewählte Präsident seien für ihn nur die "Camouflage" einer Demokratie, "ein Potemkinsches Dorf". Trotz dieser Mißstände will er Russland jedoch nicht verlassen, denn nur durch sein Bleiben könne er seinen Landsleuten helfen - "wenn ich ginge, wäre das ein schlechtes Signal für alle, die auf bessere Zeiten hoffen".
Kasparows zweiter Traum ist, Schach zum russischen Nationalsport zu machen "wie Baseball für die Amerikaner". Darüber hinaus träumt er davon, dass "Schach weltweit ein Teil der Schulerziehung" wird und dass "im Internet eine Schachweltmeisterschaft für Schüler" stattfindet. "Das freie Russland macht es vor", so Kasparow, "ich will ein Botschafter dieser Idee sein, umso mehr, je älter ich werde und je stärker meine eigene Leistungsfähigkeit im Schach nachlässt."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 38/2001 mit Erstverkaufstag am Mittwoch, 12. September 2001, ist Unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Beitrags kann angefordert werden.
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