"Technik kennt keine Vernunft"
Joseph Weizenbaum im ZEIT-Extra, das
am Montag erscheint
Hamburg (ots)
"Unsere Sucht nach Technologie hat uns in eine gläubige Abhängigkeit versetzt", sagt der Computerwissenschaftler Joseph Weizenbaum. Ein technisches System sei nicht sicher, da "Menschen nicht berechenbar sind". Im ZEIT-Extra erklärt Weizenbaum, der jahrelang am Massachusetts Institute of Technology lehrte, dass der Angriff auf die USA gezeigt habe, dass "wir zwar Milliarden in elektronische Abwehrsysteme stecken", jedoch ein Loch genüge, "durch das jemand mit einem Küchenmesser bewaffnet hinein spazieren und einen bisher unvorstellbaren Schaden anrichten kann".
"Die meisten technischen Systeme, mit denen wir die Welt lenken, sind durch und durch undurchschaubar. Sie sind nicht steuerbar und nicht verlässlich". Die Attentate machen klar, "dass das gesamte Verteidigungsprogramm der USA eine große Lücke schlicht übersehen hat". Solche Systeme beruhten auf der Idealvorstellung, dass "die Welt berechenbar ist". Berechenbarkeit oder Vorhersehbarkeit sei aber nur für "physikalische oder mathematische Probleme angemessen - für Menschen gilt diese Annahme nicht". "Krieg und seine Ursachen haben mit unberechenbaren menschlichen Eigenschaften wie Größenwahn zu tun und dagegen schützt uns kein System".
Weizenbaum prognostiziert, dass "wir bald Computersysteme haben, die Gesichter erkennen können, die in Überwachungskameras an öffentlichen Plätzen einsetzbar sind". Seine düstere Zukunftsvision: "Wer sich nicht ausweisen kann oder zu einer Minderheit gehört, kann dann identifiziert oder festgenommen werden. Das würde für die Amerikaner ein riesiger Schritt in die Orwellsche Gesellschaft bedeuten."
Diese PRESSE-Vorabmeldung des ZEIT-Extras mit Erstverkaufstag am Montag, 17. September 2001, ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Interview kann angefordert werden.
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