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Schröder kündigt härtere Gangart an

Hamburg (ots)

In einem Grundsatz-Gespräch mit der Wochenzeitung
DIE ZEIT hat sich Bundeskanzler Gerhard Schröder in scharfer Form
gegen ein "nie gekanntes Maß an sozialer Demagogie auf der Seite der
Union" gewehrt. Die Unternehmenssteuerreform zum Beispiel "sollte die
Deutschland-AG auflockern". Dagegen sei die Union mit "hemmungsloser
Demagogie zu Felde gezogen - ohne dass die ihr zugeneigten Verbände
entschieden widersprochen hätten". Den aggressiven Tonfall der
Opposition, den Vorwurf von Lüge und Betrug führt Schröder auf den
personalisierten Wahlkampf zurück, den die Union verloren habe:
Deswegen sei es nun die Strategie der Union, seine "Integrität zu
zerstören. Und darin ist sie völlig bedenkenlos. Es gibt da auch
keinen Unterschied zwischen Frau Merkel und Herrn Stoiber." In
Anspielung auf die Anwürfe gegen seine Frau meinte der Bundeskanzler:
"Eine absolut negative Begleiterscheinung ist, dass diese Art der
Aggressivität in der Sprache sich auch auf Menschen auswirkt, die
sich nicht wehren können, zum Beispiel die Familie."
Schröder werde sich fortan "mit allen Interessengruppen" auf dem
Felde der Arbeitsmarkt- und Gesundheitspolitik "anlegen". Er kündigte
eine härtere Gangart an. Jeder, der "den Sozialstaat in der Substanz
erhalten will, unter völlig veränderten weltwirtschaftlichen
Bedingungen", müsse auch Ansprüche zurücknehmen. Schröder: "Und wenn
das nicht freiwillig geschieht, muss die Regierung das erzwingen."
... "Die großen, mächtigen Mitglieder" der Verbände "müssen ihren
Verbandsoberen auch mal sagen: Lasst das Taktieren sein."
Zu den Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst meinte Schröder:
"Wenn es dort einen Abschluss geben soll, der schnell ist, dann wird
es nur einer sein können, der haushaltsverträglich ist. Und das liegt
sicher weit unter dem, was die Gewerkschaften sich vorstellen."
Auf die Kritik von Peter Hartz, die Reformvorschläge seiner
Kommission zum Arbeitsmarkt würden nicht eins zu eins übersetzt,
erwiderte Schröder, das sei von Hartz "überzeichnet". Man solle
jedenfalls den Versuch machen, die Leih- und Zeitarbeit tariflich zu
regeln, wobei es natürlich Abschlüsse unter den normalen
branchenüblichen Tarifverträgen geben müsse. Wichtige
Kündigungsschutzbereiche würden, wie der Kanzler meinte, durch diese
Art der Leih- und Zeitarbeit faktisch außer Kraft gesetzt.
In dem ZEIT-Gespräch räumte Schröder selbstkritisch ein, "dass der
Entscheidungsfindungsprozess (der Koalitionsgespräche) nicht in
Ordnung war. Wir hatten lange genug Zeit, uns auf die Neuauflage der
Koalitionsverhandlungen vorzubereiten. Und wenn steuerliche
Vorschläge auf den Tisch kommen, deren wirtschaftliche Konsequenzen
nicht hinreichend abgeklopft sind, kann man das besser machen."
Der Bundeskanzler rechnet fest mit einem blauen Brief aus Brüssel.
Allerdings werde dieser nicht mit einer finanziellen Strafe einher
kommen. Wohl aber stellt sich Schröder eine mögliche Neudefinition
des Stabilitätspakts vor: "Man könnte sich auch einmal fragen: Spielt
die absolute Verschuldung, spielen Inflationsraten und spielt
Arbeitslosigkeit nicht eine Rolle bei der Bewertung dessen, was
ökonomisch vernünftig ist und was nicht?" Eine Flexibilisierung des
Stabilitätspakts hält Schröder jedenfalls für sinnvoll.
Zum Streit mit Amerika sagte der Kanzler, dass es "kein Preis"
sei, den er an Bush entrichtet habe, "sondern eine
Selbstverständlichkeit": Überflugrechte, Nutzung der Basen,
vielleicht sogar Geleitschutz durch die Bundesmarine. Schröder wies
auch darauf hin, dass der Vorwurf des Anti-Amerikanismus aus seiner
Sicht völlig verkehrt und ihm persönlich auch fremd sei: "Meine erste
studentische Aktion, die ich in Göttingen mitgemacht habe, war der
Fackelmarsch aus Anlass der Ermordung von Kennedy."
Das komplette ZEIT-Interview (DIE ZEIT Nr. 49, EVT 28. November
   2002) dieser Meldung kann Ihnen erst später zur Verfügung gestellt
   werden.
Für Rückfragen melden Sie sich bitte bei Elke Bunse oder Verena
Schröder, ZEIT-Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, (Tel.: 040/
3280-217, -303, Fax: 040/3280-558, e-mail:  bunse@zeit.de, 
schroeder@zeit.de).

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