Li Zhensheng: "Die Kulturrevolution verletzte die Seele aller Chinesen"
Hamburg (ots)
In 30.000 Aufnahmen hat Li Zhensheng die chinesische Kulturrevolution dokumentiert und sie jahrelang unter dem Fußboden seiner Wohnung versteckt. Jetzt erst wurden 300 ausgewählte Fotos in einem Bildband der deutschen Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Li Zhensheng: "In der Kulturrevolution wurde ich von anderen gepeinigt, aber auch ich habe andere gequält. Wir verübten das gegenseitige Foltern aus einer dummen Treue zu Mao heraus. Wer seinen Worten nicht folgte, galt als Konterrevolutionär", sagt er der ZEIT.
Trotz der Schrecken der Kulturrevolution betrachtet Li Zhensheng Mao als "eine großartige Persönlichkeit. Aber er war kein Gott. Und in seiner Funktion als Staatsführer hat er Fehler gemacht, die Land und Nation fast vernichtet hätten. ... Es gab nicht nur Millionen Tote in der Kulturrevolution, die Seele aller Chinesen wurde verletzt. Und sie ist bis heute nicht geheilt."
Der Fotograf empfindet den Kniefall Brandts als Vorbild für seine Nation: "Das deutsche Volk hat sich vor der Welt entschuldigt und versprochen, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Dass sich ein Bundeskanzler niederkniete, war bewundernswert." Es gehe ihm jetzt nicht um Anklage oder Rache, nicht darum, Schuldige zu suchen. "Wichtig ist, dass die Bevölkerung sich besinnt und Selbstkritik übt."
Das komplette ZEIT-Interview der Meldung (DIE ZEIT Nr. 46, EVT 06. November 2003) stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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