Bundespräsident Johannes Rau: Wir plaudern uns zu Tode
Hamburg (ots)
Der scheidende Bundespräsident Johannes Rau zieht nach fünfjähriger Amtszeit eine kritische Bilanz. Er sehe in Deutschland in den vergangenen Jahren zwei wesentliche Veränderungen, sagt er der ZEIT. "Das eine ist eine stärkere Kurzatmigkeit der Politik, vor allem in der Innenpolitik. Das andere ist ein Rückgang an Zuversicht in der Gesellschaft der Bundesrepublik."
Rau konstatiert einen Mangel an Konzentration und an großen gesellschaftlichen Debatten: "Meine Sorge ist, dass wir zu sehr in eine Talkshow-Gesellschaft kommen, in der alles zum 'Event' gemacht wird, in der nicht mehr das Ereignis und das Nichtereignis voneinander unterschieden werden. Und meine Sorge ist, dass wir uns zu Tode plaudern." Der Weg in eine "Talkshow-Gesellschaft" führe zu einer bedrückenden "Geldentwertung an Worten".
In der Bundesrepublik bestehe die Gefahr, so der scheidende Bundespräsident, dass aus Politikverdrossenheit "Politikverachtung" werde. Als ein Indiz dafür wertet Rau, dass zwar die derzeitige Opposition in den Wählerumfragen weit vor der SPD liege, dass aber nur ein Drittel der Wähler ihr zutraue, eine bessere Politik zu betreiben. Rau: "Ich weiß nur, dass wir aus dieser Verdrossenheit herauskommen müssen und dass die Politiker dazu einen Beitrag leisten müssen. Sie müssen nämlich verständlicher reden, als sie es tun."
Das komplette ZEIT-Interview der Meldung (ZEIT Nr. 27 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 24. Juni 2004) stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Für Rückfragen melden Sie sich bitte bei Elke Bunse, DIE ZEIT Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, (Tel.: 040/ 3280-217, Fax: 040/ 3280-558, E-Mail: bunse@zeit.de)
Original content of: DIE ZEIT, transmitted by news aktuell