März-Pogrome im Kosovo
BND-Präsident bestätigt: Terror-Aufruf eines Islamisten vom deutschen Geheimdienst abgefangen
Albaner-Unruhen seien jedoch "nicht vorauszusehen" gewesen
Hamburg (ots)
Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat Anfang März im Kosovo ein Telefonat abgehört, in dem ein bekannter Islamist angeblich zu Gewalt gegen die serbische Minderheit in der Region aufgerufen hat. Dass die entsprechenden Abhörprotokolle vom deutschen Auslandsgeheimdienst stammen, bestätigt jetzt der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, August Hanning, der ZEIT.
Drei Wochen nach dem abgehörten Telefonat war es in der Provinz zu schweren Auseinandersetzungen gekommen. Dabei waren 19 Menschen getötet und über tausend verletzt worden. Die Kfor-Truppen in dem Gebiet, darunter auch Bundeswehr-Soldaten, waren von den Unruhen überrascht worden.
Hanning räumt nun ein, BND und Bundeswehr hätten das Telefonat des ehemaligen UCK-Kommandanten Samedin Xhesairi "gemeinsam aufgefangen". Seine Inhalte seien daraufhin im so genannten Genic-Zentrum (German National Intelligence Cell) in Prizren ausgewertet worden. Dort sei man zu der Auffassung gelangt, die Informationen seien nicht ernst zu nehmen. An dieser Einschätzung hält Hanning gegenüber der ZEIT fest: "Wir wussten, dass Xhesairi eine OK-Größe (Organisierte Kriminalität, Anm. d. Red.) und ein Islamist war. Aber er war mit Sicherheit kein Hintermann der Ausschreitungen." Die Unruhen, so Hanning, seien spontan eskaliert: "Niemand konnte das voraussehen."
Mehrere Mitglieder des Verteidigungsausschusses des Bundestages berichteten der ZEIT indessen, dass im Mai, also einige Wochen nach den blutigen Ausschreitungen, der BND gegenüber dem Ausschuss eingeräumt habe, ihm fehle auf dem Balkan der Überblick. Weder sei es gelungen, die radikalen Gruppen zu infiltrieren, noch verfügten die Geheimdienstler über ausreichendes Abhörgerät, habe ein ranghoher BND-Vertreter den Parlamentariern berichtet.
Den kompletten Text der ZEIT Nr. 49 vom 25.11.2004 stellen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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