Präsident des Bundesverfassungsgerichts kritisiert Entwicklung der EU
Hamburg (ots)
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, kritisiert die Europäische Union. "Alles wird einem dynamischen Prozess überantwortet", sagt er der ZEIT, "dessen Ziel oder Endzustand im Dunkeln bleibt. Das ist ungut, das erregt Unbehagen bei den Bürgern. Wir müssen wieder einen Gleichklang herstellen zwischen dem tatsächlichen Integrationswillen der Völker Europas und dem politischen Prozess der Integration." Nirgendwo funktionierten Demokratie und Schutz von Freiheitsrechten bislang besser, so Papier, "als in den Grenzen des rechtsstaatlich verfassten Nationalstaats". Deshalb müsse eine substanzielle nationale Souveränität fortbestehen.
Auch der Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio übt in der ZEIT scharfe Kritik an der EU. "Heute wird so getan, als sei der Nationalstaat historisch überholt, etwas im Grunde Gefährliches." Di Fabio ist im Zweiten Senat für Europa zuständig und derzeit Berichterstatter im Verfahren gegen den europäischen Haftbefehl. "Wir Deutsche", so Di Fabio, "pflegen manchmal immer noch eine Untertanenmentalität und suchen nach Autoritäten, die über dem Parteienhader stehen." Deshalb schauten wir auch zu Brüssel auf, ohne zu merken, dass man dort "in der Summe" mehr Bürokratie als Freiheit produziere. Ihn fasziniere besonders das anglo-amerikanische Modell der Freiheit, das auf "Wettbewerb, Leistungsbereitschaft, Akzeptanz der Differenz" setze. "Das hat viele Vorzüge, die wir in Kontinentaleuropa etwas nüchterner wägen sollten", sagt Di Fabio.
Den kompletten Text der ZEIT Nr. 25 vom 16. Juni 2005 senden wir Ihnen gerne zu.
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