Schwaches Gedächtnis beendet laut Philip Roth Schriftstellerkarrieren
Hamburg (ots)
Die Karriere eines Schriftstellers wird nach Ansicht von US-Erfolgsautor Philip Roth nicht dadurch beendet, dass ihm der Stoff ausgeht, sondern dadurch, dass sein Gedächtnis zu schwach wird. "Wenn Autoren mit zunehmendem Alter verstummen, dann nicht, weil sie dümmer geworden wären oder weniger zu sagen hätten. Ich glaube eher, dass dies mit dem Verlust des Gedächtnisses zusammenhängt. Mit dem Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Ein ziemlich häufiges Phänomen im Alter", sagt der 72 Jahre alte Roth der ZEIT.
Er wisse von einem Schriftsteller, "der sich nicht mehr daran erinnern konnte, was er am Tag zuvor geschrieben hatte. Das ist furchtbar. Man muss die letzten fünfzig oder noch mehr Seiten wieder lesen, um den Moment zu rekonstruieren, in dem man stehen geblieben ist. Das mag einem ja gelingen, aber das Problem besteht darin, dass man die Verbindung zum Ganzen nicht mehr herstellen kann. Man verliert sich gewissermaßen in Augenblicken. Der altersbedingte Verlust der Fähigkeit, sich an die letzte Seite zu erinnern - dadurch werden Schriftstellerkarrieren beendet."
Für sein jüngstes Buch "Verschwörung gegen Amerika" hat Roth sich Anregungen an Orten seiner Kindheit geholt. Er habe das Haus besucht, in dem er aufgewachsen sei. "Die Wohnung war genauso, wie ich sie in Erinnerung hatte: der Parkettboden, der Winkel, in dem das Sonnenlicht auf den Boden fällt." Er habe gar nicht mehr gehen wollen und nach "allen möglichen Entschuldigungen" gesucht, um noch länger zu bleiben.
Das komplette Interview der ZEIT Nr. 34 vom 18. August 2005 senden wir Ihnen gerne zu.
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