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Spike Lee: "An die Schmelztiegel-Scheiße habe ich noch nie geglaubt"

Hamburg (ots)

"99 Prozent der Amerikaner kennen den Unterschied
zwischen Sikh und Muslim nicht", sagt der amerikanische Regisseur
Spike Lee in der ZEIT. "Sie nennen sie einfach Handtuch-Köpfe. Leute,
die Turbane tragen, das sind Brüder von bin Laden. Taliban, al-Qaida,
das läuft ganz automatisch." Lee, dessen neuer Film Inside Man von
der Verschärfung des amerikanischen Rassismus nach dem 11. September
2001 handelt: "An die Schmelztiegel-Scheiße habe ich noch nie
geglaubt. Dafür muss man weiß sein." Er kritisiert, dass alle
gesellschaftlichen Missstände heute in das Raster des Kulturkampfs
gezwungen würden. Die Angst vor einem dritten Weltkrieg führe zu
einer Anfeindung des gesamten islamischen Kulturkreises.
Als der Hurrikan Katrina New Orleans überflutete, war Spike Lee
beim Filmfestival in Venedig: "Ich starrte wie gebannt auf die
CNN-Bilder der schwarzen Bevölkerung. Damals habe ich mit geschworen,
dass das nicht vergessen werden darf. Ich habe mir geschworen, einen
Dokumentarfilm darüber zu drehen. Weil es ein schrecklicher
Meilenstein der amerikanischen Geschichte ist. Weil es nicht wie die
Vereinigten Staaten von Amerika aussah, sondern wie ein
kriegsgeschütteltes afrikanisches Land. Das Problem besteht
tatsächlich darin, dass wir Kriege in der Fremde führen und die
Schlachtfelder zu Hause vergessen."
Sein Dokumentarfilm werde davon handeln, "dass Millionen schwarze,
weiße und hispanische Amerikaner in absoluter Armut leben". Auf die
Frage, was vom Black Cinema der 80er Jahre und seinem Anliegen, die
Schwarzen im amerikanischen Kino sichtbar zu machen, geblieben sei,
antwortet Lee: "Es gibt durchaus mehr afroamerikanische Regisseure.
Aber nicht genug politische Power. Die Glorifizierung der
Gangsta-Typen, ihrer Gewalt und ihrer schwarzen Macho-Welt ist für
mich ein politisches Problem."
Spike Lee, geboren 1957 in Atlanta, aufgewachsen im New Yorker
Stadtteil Brooklyn, dreht seit dreißig Jahren Filme über ethnische
Spannungen. Mit Filmen wie School Daze oder Malcolm X etablierte er
sich als ein Vertreter des New Black Cinema, der auch die Vorurteile
in der schwarzen Community nicht aussparte.
Das komplette Interview der ZEIT Nr.12 vom 16.März 2006 senden wir
Ihnen gerne zu.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Elke Bunse, DIE ZEIT Presse-
und Öffentlichkeitsarbeit (Tel.: 040/3280-217, Fax: 040/3280-558,
E-Mail:  bunse@zeit.de)

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