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Wolf Biermann: "Ich bin immer sechseinhalb Jahre alt geblieben"

Hamburg (ots)

Anlässlich seines 70. Geburtstages erinnert sich
der Lyriker und Sänger Wolf Biermann in der ZEIT an traumatische
Erfahrungen seiner Kindheit: "Meine Lebensuhr ist stehen geblieben,
als ich sechseinhalb Jahre alt war. Da ist meine Mutter mit mir auf
dem Rücken durch den Kanal geschwommen, um uns herum das brennende
Hamburg. Es ist ein Wunder, dass ich aus diesem Feuersturm
herausgekommen bin. Was heißt Wunder - meine Mutter Emma war das
Wunder. Als ich viel später das berühmte Foto der Uhr aus Hiroshima
mit den geschmolzenen Zeigern sah, da dachte ich: Das kenne ich. Die
Uhr in meiner Brust ist stehen geblieben in dieser Nacht. Deshalb bin
ich auch immer sechseinhalb Jahre geblieben."
Biermann erzählt auch, warum er "als kleiner asthmatischer Junge,
als Drachentöter mit der Gitarre" erfolgreich war: "Ich hatte ein
Holzschwert mit sechs Saiten drauf. Ich fühlte mich oft verzagt und
war in Gefahr, dass nicht ich Furcht hatte, sondern dass die Furcht
mich hatte. Einfacher gesagt: dass ich zu Kreuze krieche, im Streit
mit diesen totalitären Lumpen. Und da kamen immer die Toten, nicht
nur mein Vater, auch meine Großmutter, mein Großvater, meine Tante
Rosi Biermann, mein Cousin Peter. Die alle habe ich noch gesehen, als
sie hier auf der Moorweide abtransportiert wurden. In Minsk hat man
sie erschossen. Also: Wenn ich anfing zu wackeln, kamen immer diese
Toten, und mein Vater sagte mir: Los, kleiner Wolf! Ich hab mein
Leben aufs Spiel gesetzt und verloren. Da wirst du doch wohl dein
Wohlleben aufs Spiel setzen können, der Preis ist zum Glück nicht
mehr so hoch."
Das komplette ZEIT-Interview der ZEIT Nr. 45 vom 2. November 2006
senden wir Ihnen gerne zu.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Elke Bunse, DIE ZEIT Presse-
und Öffentlichkeitsarbeit (Tel.: 040/3280-217, Fax: 040/3280-558,
E-Mail:  bunse@zeit.de)

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