BDU Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen
Deregulierung stellt Städte und Gemeinden vor riesige Herausforderungen
Bonn(ots)
Wettbewerb trifft die Mitarbeiter der Kommunen und ihrer Unternehmen wenig vorbereitet / BDU-Unternehmensberater sehen starke Defizite bei geeigneten Marktstrategien
Die Deregulierung und der damit einhergehende Wettbewerb werden die deutschen Städte und Gemeinden verstärkt vor organisatorische und finanzielle Probleme stellen. Geeignete Marktstrategien und Problemlösungsansätze seien aber so gut wie nicht vorhanden. Diese Ansicht vertraten Experten der Fachgruppe Öffentliche Auftraggeber des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. gestern bei einem Pressegespräch in Berlin. Nach der bereits erfolgten Liberalisierung in der Telekommunikation und der Energieversorgung stünden nun einschneidende Veränderungen bei der Wasserversorgung, im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), bei der Entsorgung und in der Gebäude/Wohnungsbewirtschaftung auf dem Plan.
"Der Beschleunigungsfaktor durch das Zusammenwirken der Deregulierung ist so enorm, dass der Großteil der Kommunen völlig überfordert ist", beschreibt BDU-Vizepräsident Dr. Helmut Schmitt die prekäre Situation. In den angestammten Versorgungs- und Dienstleistungsmärkten stünden die privaten Anbieter bereits vor der Tür, um in den Wettbewerb um die privaten Kunden einzutreten. Damit folge die Entwicklung unerwartet schnell den bei Großkunden bereits realisierten Veränderungen. Die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes seien aber auf die Anforderungen eines Wettbewerbs nur unzureichend vorbereitet.
"Die lange Monopolstellung in diesen Märkten und die oft politisch motivierte Besetzung von Führungskräftepositionen, beispielsweise von Geschäftsführern in Eigenbetrieben, erweisen sich nun als Hemmschuh", bilanziert Erhart Kirfel, Vorsitzender der BDU-Fachgruppe Öffentliche Auftraggeber. Hier müsse nun schnell reagiert werden und betriebswirtschaftliches und kaufmännisches Denken in den Verwaltungen Einzug halten.
Durch den Kostenverfall ( wie in der Telekommunikation) und in der Energieversorgung bei Strom sowie künftig bei Gas und Wasser sänken die Margen deutlich und würden damit überproportional kleiner. Dies bedinge einen Rückgang der Konzessionsabgaben an den kommunalen Haushalt sowohl von den kommunalen Unternehmen als auch von den direkt liefernden Versorgern, so Schmitt. Damit sei ein negativer Einfluss auf die Erträge zum Verlustausgleich und die Dividenden aus Beteiligungen verbunden. "Die Angebote beispielsweise im kulturellen Bereich, bei den Freizeitangeboten und bei zusätzlichen Sozialleistungen, die nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, werden zurückgenommen werden müssen, wenn künftig nicht massiv unternehmerisch agiert wird", befürchtet der BDU-Vizepräsident und Partner bei Droege & Comp. AG.
Vor diesem Hintergrund müsse vieles auf den Prüfstand. Für Volker Schlegel, Mitglied der BDU-Fachgruppe Öffentliche Auftraggeber und Berater bei der WIBERA Management Consultant GmbH, gehören hierzu in erster Linie die kritische Analyse der Kostenstruktur, die Frage nach der optimalen Betriebsgröße, die Trennung von bestimmten Leistungen und der Verkauf von Anteilen. Besonders bei den letztgenannten Faktoren müsse allerdings genau geprüft werden, wie weit mögliche Privatisierungen gehen sollten und welchen Einfluss der bisherige Träger sich unter anderem im Gesellschaftsvertrag sichern sollte. "Produktion und Vertrieb lassen sich beispielsweise bei Telekommunikation, Energie- und Wasserversorgung privatisieren", so Schlegel. Dies wirke sich kostensparend und damit entlastend für den Haushalt aus. "Aber die Netze gehören weiterhin in die Hände der Kommunen", sieht der Unternehmensberater auch Grenzen der Privatisierung.
Im Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V. sind zur Zeit 13.500 Berater organisiert, die sich auf 463 Management-, Personal- und IT-Beratungsgesellschaften verteilen. In der Fachgruppe Öffentliche Auftraggeber sind Berater organisiert, die in der Beratung der Öffentlichen Hand tätig sind. Die BDU-Mitgliedsunternehmen erzielten 1999 einen Gesamtumsatz von 5,3 Milliarden DM (1998: 4,5 Milliarden DM). Dies entspricht einem Marktanteil von rund 25 Prozent.
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