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Unbrauchbarer Hitzerekord in Lingen - WetterOnline erkennt den Rekordwert von 42,6 Grad nicht an
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Bonn (ots)
Anmoderationsvorschlag: Drei Tage in Folge 40 Grad und mehr: So eine Hitzewelle wie im letzten Julidrittel hat es seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen noch nicht gegeben. Der alte Deutschland-Rekord von 40,3 Grad wurde gleich mehrfach übertroffen - Spitzenreiter war das niedersächsische Lingen mit 42,6 Grad. Diesen neuen Rekordwert erkennen die WetterOnline-Meteorologen allerdings nicht an, sagt Jürgen Vollmer, hallo.
Begrüßung: "Ja, hallo!"
1. Herr Vollmer, warum erkennen Sie und Ihre WetterOnline-Meteorologen die 42,6 Grad von Lingen nicht als neuen Hitzerekordwert an?
O-Ton 1 (Jürgen Vollmer, 30 Sek.): "Das ist ganz einfach: Um Messungen miteinander vergleichen zu können, gelten internationale Standards. Die sind festgelegt von der Weltorganisation für Meteorologie und die regeln, dass Thermometer an offiziellen Wetterstationen gut belüftet und vor allen Dingen auch strahlungsgeschützt sein müssen. Zudem werden da auch noch Anforderungen an die nähere Umgebung formuliert. So muss zum Beispiel eine solche Messstelle frei sein von Bebauung, asphaltierten Flächen oder auch zu starkem Bewuchs. Weil all das könnte die Werte verfälschen."
2. Das heißt, die Messstation in Lingen erfüllt diese Bedingungen nicht?
O-Ton 2 (Jürgen Vollmer, 38 Sek.): "Nein, das tut sie tatsächlich nicht. Wenn man sich nämlich mal Bilder der Station anschaut, dann fallen doch auf: dichte Hecken und hohe Baumreihen in nächster Nähe zum Thermometer, also zu dem Messfühler, der genau die Temperatur misst. Und das führt dann doch dazu, dass sich die Hitze dort richtig stauen kann. Wenn die Sonne richtig intensiv einstrahlt und wenig Wind geht, dann ist das da wie in einem Hitzekessel. Mit anderen Worten: Die Belüftung der Temperatursensoren funktioniert nicht richtig. Und deshalb werden auch dort immer wieder Extremtemperaturen gemessen, die von denjenigen der Umgebung deutlich abweichen. Niederländische Meteorologen nennen dieses Phänomen übrigens 'Garteneffekt'."
3. Wie dramatisch ist dieser Effekt aus Ihrer Sicht?
O-Ton 3 (Jürgen Vollmer, 42 Sek.): "Schon sehr dramatisch. Die in Lingen gemessenen Werte weichen doch regelmäßig von den umgebenden Standorten ab - und das immer wieder um mehrere Grad. Das ist keine Seltenheit, und deshalb sagen wir von WetterOnline auch: Die dort gemessenen Spitzenwerte, die sind für nationale, aber auch für internationale Vergleiche einer Hitzewelle schlichtweg unbrauchbar, weil der Fehler je nach Wetterlage mehrere Grad betragen kann. Kommt noch hinzu, dass offiziell gemessene Wetterdaten Eingang auch in Klimaberechnungen finden. Und aus unserer Sicht ist es gerade bei einem so sensiblen Thema wie dem Klimawandel einfach unumgänglich, dass akribisch auf die Vergleichbarkeit der herangezogenen Datenbasis, also auf die Vorgaben der Weltorganisation für Meteorologie, geachtet wird."
4. Wie lange ist denn schon bekannt, dass in Lingen so fehlerhaft gemessen wird?
O-Ton 4 (Jürgen Vollmer, 32 Sek.): "Nun, Abweichungen dort sind schon seit mehreren Jahren bekannt. Die Größenordnung nimmt aber von Jahr zu Jahr aufgrund stetig weiter wachsender Vegetation von Jahr zu Jahr weiter zu. Vermutlich auch aus diesem Grund hat der Deutsche Wetterdienst selbst schon 2014 beschlossen, die Station in Lingen an einen anderen Standort zu verlegen. Das ist allerdings bis heute noch nicht geschehen - und auch deshalb ist für uns nicht nachzuvollziehen, warum er jetzt diese 42,6 Grad so nachdrücklich als 'neuen deutschen Hitzerekord' verteidigt. WetterOnline wird das jedenfalls nicht mitmachen."
5. Wie fällt denn Ihr Fazit für den Hitzemonat Juli aus - was hat ihn so besonders gemacht?
O-Ton 5 (Jürgen Vollmer, 34 Sek.): "Zum Ersten natürlich eine historische Hitzewelle mit absoluten Rekorden, mit den Höchstwerten in Duisburg und in Tönisvorst mit jeweils 41,2 Grad. Das sind neue deutsche Hitzerekorde. Außerdem war der Juli viel zu trocken, und mittlerweile nimmt die Dürre, die ja schon im vergangenen Jahr begonnen hat, in vielen Regionen Deutschlands dramatische, ja richtig beängstigende Ausmaße an. Ganze Waldgebiete sind vom Absterben betroffen, weil sie nicht mehr genug Wasser bekommen. Aber daneben war der Monat, abseits dieser heißen Tage, durchaus angenehm und auch mit durchschnittlich viel Sonnenschein gar nicht so auffällig. Nur die Hitze, die hat es wirklich nach oben geschossen."
WetterOnline-Moderator Jürgen Vollmer über die historische Hitzewelle im Juli und den Rekordwert, der eigentlich gar keiner ist. Vielen Dank für das Gespräch!
Verabschiedung: "Gern! Danke, tschüss!"
Abmoderationsvorschlag: Wenn Sie wissen wollen, wie es weitergeht mit dem Sommerwetter: Aktuelle Temperaturen, Vorhersagen und Unwetterwarnungen für Ihre Region gibt´s unter www.wetteronline.de und in der WetterOnline-App.
Pressekontakt:
Matthias Habel
Diplom-Geograph
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