Große Verwirrung bei europäischen Unternehmen um die Euro-Einführung
Paris/Bad Homburg (ots)
Neue Studie von Cap Gemini Ernst & Young und der Association for the Monetary Union of Europe bringt teils alarmierende Ergebnisse am Vorabend zum ECOFIN-Treffen in Brüssel
In vielen Unternehmen in ganz Europa herrscht immer noch Unklarheit über die Anforderungen zum Umstieg auf den Euro. Über die Hälfte der Unternehmen haben den Zeitaufwand zur Vorbereitung und Umstellung unterschätzt und es ist zu erwarten, dass einige nicht in der Lage sein werden, bis Ende 2001 ihre Systeme auf die neue Währung umzustellen. Das sind die alarmierenden Ergebnisse der Studie von Cap Gemini Ernst & Young und der "Association for the Monetary Union of Europe" (AMUE), die heute auf einer Pressekonferenz in Frankfurt und Paris veröffentlicht wurden.
Ziel der Befragung war es, den Vorbereitungsstatus in großen Organisationen zu erfassen. Dazu wurden von September bis Oktober 2000 vom Marktforschungsinstitut Infraforces umfassende Interviews mit 1000 Unternehmen und Organisationen in neun Industriesparten durchgeführt.
Die Studie ergibt, dass 13 Monate vor der endgültigen Umstellung 64 Prozent der befragten Organisationen der Einschätzung sind, dass die Europrojekte unter einer Laufzeit von 12 Monaten fertiggestellt werden könnten. Dagegen belegen Analysen von Cap Gemini Ernst & Young, dass die meisten Unternehmen eine Umstellungsphase von mindestens 12 Monaten benötigen. Nur 22 Prozent der Befragten gaben an, dass sie nach ihrer Schätzung für die realistische Fertigstellung der Europrojekte über 18 Monate benötigen.
Die Untersuchung zeigt, dass die geringe Vorbereitung auch auf mangelndes Wissen oder fehlende Informationen über die Übergangsregelungen der Währungsunion zurückzuführen ist. De facto denken rund ein Viertel der europäischen Unternehmen, dass sie die internen Geschäftsbücher und die Buchhaltung auch nach dem 1. Januar 2002 in der derzeitigen Landeswährung lassen können - in Deutschland waren es 31 Prozent und im Durchschnitt aller europäischen Verwaltungen gar 64 Prozent. Dem gegenüber haben aber bereits eine Reihe von Ländern angekündigt, dass die internen Geschäftsbücher und Steuerunterlagen ab 2002 in Euro geführt werden müssen, da ansonsten Geldstrafen drohen.
Auffallend ist auch, dass Organisationen oftmals die Chance nicht nutzen, mit der Vorbereitung der Währungsunion auch organisatorische Änderungen in die Wege zu leiten und die e-Business-Strategie weiterzuentwickeln. Nur 16 Prozent haben beide Initiativen verbunden.
"Die Erhebung zeigt zwei besorgniserregende Trends auf," erläutert Bernd Mogalle, Berater des euroTRANSFORMATION Services, Cap Gemini Ernst & Young. "Die meisten glauben immer noch, der Euro könne durch eine einfache Buchhaltungsumstellung eingeführt werden und stellen dies daher hinter andere Geschäftsinitiativen. Wir sind der Meinung, dass hier mehr Druck und eine höhere Priorität erforderlich ist, wenn die Unternehmen am 31. Dezember 2001 fertig sein und neue Geschäftschancen erschließen wollen."
Zwar ist die Beziehung zwischen Euroumstellung und e-Business-Programmen in den jeweiligen Bereichen bei genauerer Betrachtung evident, doch viele verkennen dieses: Nur 16 Prozent haben das Europrojekt mit ihrer e-Business-Initiative verbunden. Hier scheinen die meisten Unternehmen die Vorteile zu übersehen, die eine Kombination dieser beiden großen Projekte hat, die beide eine breitgefächerte Neubewertung der bestehenden Prozesse erforderlich machen.
"Mit dem Euro und dem Internet steht Europa am Beginn einer neuen Ära eines echten EU-Online-Marktplatzes, an dem Organisationen teilnehmen müssen, wenn sie überleben wollen", erläutert Mogalle, "zusammen mit den richtigen Systemen können für Unternehmen, die zukunftsorientiert denken, ganz neue Perspektiven mit echten Praxisvorteilen entstehen."
Die Erhebung zeigt erhebliche Unterschiede, wie die Unternehmen in den einzelnen Ländern für die Umstellung auf den Euro gerüstet sind. In Österreich geben 44 Prozent der befragten Organisationen an, dass sie bereits den Euro als Grundwährung nutzen, während dies in Portugal nur gerade einmal 9 Prozent sind.
Ein Vergleich nach Branchen ergibt, dass Behörden und Verwaltungen den Euro nur zu 5 Prozent als Grundwährung nutzen, wohingegen dies im Banken- und Fertigungsbereich 30 Prozent sind.
"Dies ist eine Überraschung", kommentiert Mogalle, "wir hätten erwartet, dass die staatlichen Stellen als Vorbild vorangehen. Dies ist insbesondere alarmierend, weil Behörden und Verwaltungen traditionell oft alte und komplexe IT-Systeme im Einsatz haben, bei denen die Euro-Umstellung erheblich länger dauern wird."
Die Studie liefert aber auch positive Neuigkeiten zu Unternehmen und Euro. "Größere Unternehmen erkennen, dass sie ihre Zulieferer und Kunden unterstützen müssen und wir sehen, dass sie hier in einigen Bereichen die Verantwortung übernehmen. Wir können auch erwarten, dass einige Nachzügler ihre Pläne beschleunigen, da immer mehr Organisationen ihre Implementierung im ersten Quartal 2001 fertig stellen werden," sagt Bertrand de Maigret, General Secretary of the Association for the Monetary Union of Europe.
Auf Basis der Studie haben Cap Gemini Ernst & Young und AMUE Schreiben an die Finanzminister und Teilnehmer des ECOFIN Treffens am 27. November 2000 in Brüssel gerichtet, in denen Schlüsselinitiativen vorgeschlagen werden, die sich an die lokalen Regierungen richten, um der Verwirrung Einhalt zu gebieten.
"Die Botschaft aus dieser Erhebung ist eindeutig," erklärt Maigret. "Die Europäische Union muss den Zeitplan zur Umstellung bestätigen und Ungewissheiten beseitigen, auf eine frühe Umstellungen drängen und beispielhaft in Führung gehen, indem der Umstellungsprozess in Behörden und Verwaltungen beschleunigt wird. Als vorbildliche Vorgehensweisen können die in Luxemburg, Belgien und Österreich eingeschlagenen Wege herangezogen werden, um andere Mitgliedsstaaten im Euroland zu unterstützen. Hier sollte dann auch ein Bedarf für Änderungen zwischen Kunden und Zulieferer entstehen."
Hintergrundinformationen zur Studie
Die Stichprobe bezieht sich auf 1000 Unternehmen und Organisationen im Eurogebiet: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal und Spanien.
Bei den Organisationen haben 15 Prozent zwischen 200 und 499 Mitarbeiter; 30 Prozent beschäftigen 500 bis 999 Mitarbeiter und 55 Prozent beschäftigen mehr als 1000 Mitarbeiter.
Die Unternehmen und Organisationen kommen aus neun Industriesparten: Behörden und Verwaltung, Banken und Versicherungen, Fertigung, Medien/Kommunikation, Einzelhandel, Telekommunikation, Transport und Stromversorger.
Über AMUE Die Association for the Monetary Union of Europe (AMUE) wurde 1987 von Vertretern der europäischen Industrie gegründet. Die Mitglieder haben sich dem gemeinsamen Ziel der Geldwertstabilität und einer einzigen europäischen Währung verschrieben. Die Unternehmen und Banken, die Mitglieder von AMUE sind, beschäftigen an die acht Milliarden Mitarbeiter. AMUE ist eine private und gemeinnützige Vereinigung. Weitere Informationen unter www.amue.com.
Über Infraforces Infraforces ist eine Marktforschungsgesellschaft, die große Erfahrung in der Ausführung und Koordination von europäischen Erhebungen bei Unternehmen besitzt. Seit 1985 besteht die Aufgabe darin, Unternehmen beim Verständnis und der Vorwegnahme von Markttrends und Erwartungen zu unterstützen. Weitere Informationen unter www.infraforces.com
Über Cap Gemini Ernst & Young Cap Gemini Ernst & Young ist weltweit das drittgrößte Unternehmen für Management- und IT-Beratung und steht in Europa auf Platz Eins. Das Unternehmen bietet Management- und IT-Beratung, Systemintegration und Technologieentwicklung, Organisationsdesign und Outsourcing auf globaler Ebene, um traditionelle ebenso wie Start-up- und Internet-Unternehmen bei der Identifikation und Umsetzung von Wachstumsstrategien in der New Economy zu unterstützen. Die neu geformte Organisation beschäftigt weltweit über 57.000 Mitarbeiter und hatte 1999 einen Umsatz von 7,7 Milliarden Euro. Mehr Informationen zu Cap Gemini Ernst & Young, die Dienstleistungen und Büros finden Sie unter www.de.cgey.com.
Für Rückfragen: Cap Gemini Ernst & Young Pressesprecher: Thomas Becker Tel.: 06172/947-309 Fax: 06172/947-550 Schaberweg 28 a D-61348 Bad Homburg Thomas.becker@gemcon.com
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