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Mikroorganismen brauchen keine Pässe
Hintergrundinformationen zur Geflügelgrippe in Südostasien (1)

Bonn (ots)

Die Einschleppung der zurzeit in Südostasien
grassierenden Geflügelgrippe nach Europa oder gar Deutschland ist
unwahrscheinlich. Allerdings sieht Prof. Dr. Ulrich Neumann von der
Klinik für Geflügel an der Tierärztlichen Hochschule Hannover die
Möglichkeit einer weiteren Ausbreitung in Südostasien. Entsprechend
der Aussage eines WHO-Experten "Mikroorganismen brauchen keine Pässe"
könnte der Transport von lebendem Geflügel oder Geflügelprodukten
über die "grüne Grenze", d.h. vorbei an Kontrollen und
Handelssperren, einer solchen weiteren Ausbreitung Vorschub leisten.
Ein Ausbruch der Seuche in Deutschland sei nur dann zu befürchten,
wenn vor dem am 23. Januar erlassenen Importverbot infiziertes
Geflügel oder Geflügelprodukte importiert worden und mit hiesigen
Geflügelbeständen in Kontakt gekommen wäre - oder nach diesem
Stichtag infektiöse Geflügelprodukte, Eier oder gar lebende Vögel
illegal eingeführt worden wären.
Zur Herkunft des aktuellen Seuchenerregers liegen - anders als bei
dem Ausbruch in den Niederlanden im Jahr 2003 - laut Prof. Neumann
bislang keine detaillierten Erkenntnisse vor. In den Niederlanden sei
seinerzeit im Zuge der umfangreichen Arbeiten des Virologen Prof.
Osterhaus von der Erasmus MC Universität Rotterdam der
Vogelgrippeerreger H7N7 als Rekombinante aus Wildenten mit hoher
Wahrscheinlichkeit als Ursprung der Epidemie identifiziert worden.
Inwieweit der Ursprung der nun in Südostasien von dem Erreger H5N1
verursachten Vogelgrippe ebenfalls bei Wildvögeln zu suchen sei,
könne frühestens in einer umfangreichen wissenschaftlichen
Nachbereitung ermittelt werden.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO konzentriert ihre Bemühungen
zur Eingrenzung der Epidemie in Südostasien laut jüngsten
Medienberichten auf mittlere Betriebsgrößen mit jeweils rund 500
Tieren. Die große Zahl dörflicher Geflügel-Kleinbetriebe könne
nämlich kaum erreicht werden. Überdies dürften die Halter nur wenig
Motivation zeigen, ihre Tiere vorbeugend töten zu lassen, wenn diese
keine Krankheitsanzeichen zeigen. Größere Tierhaltungen werden sich -
nicht zuletzt wegen der riesigen finanziellen Einbußen und
Folgekosten durch diese Tierseuche - am ehesten den rigorosen
Bekämpfungsmaßnahmen unterwerfen. "2003 ist in Deutschland
vorsorglich sogar für einige Monate angeordnet worden, Geflügel in
Betrieben mit Grünlandauslauf in Ställe zu sperren, um die Bestände
so besser vor dem Eintrag des Virus abschirmen zu können. Denn
naturgemäß ist das Infektionsrisiko in offenen Haltungssystemen
größer", so Prof. Neumann. Und weiter: "Wenn trotz der abgeschirmten
Haltung Intensivbetriebe mit großen Tierbeständen betroffen sind,
dann wird dies von der Öffentlichkeit fälschlicherweise oft so
wahrgenommen, als ob die Intensivhaltung auslösend für diese
Tierseuche ist."
Entscheidend sei vielmehr die Frage, wie die Erreger in einen
Bestand eingetragen würden, beschreibt der Experte. "Die
Einschleppung und Verbreitung erfolgt über nahezu alle denkbaren be-
lebten und unbelebte Vektoren. Hierbei spielt zuvorderst
seuchenhygienische Unkenntnis oder seuchenhygienische
Uneinsichtigkeit des Menschen selbst die entscheidende Rolle. In der
Folge tragen die Wahl der Transportwege, der Tier- oder
Futtertransport mit kontaminierten Fahrzeugen, Eierkartons,
kontaminierte Geflügelprodukte oder Geflügel-Wochenmärkte zur
Verbreitung bei, und schließlich auch Nager und Wildvögel." Da die
Viren bei entsprechenden Temperaturen 10 Tage überlebensfähig seien,
bringe die Anwesenheit hochinfektiöser Erregerstämme in den
betroffenen Regionen automatisch auch eine entsprechende
Ansteckungsgefahr mit sich.
Rückfragen bitte an das
Institut für Landwirtschaft und Umwelt
Konstantinstraße 90 
53179 Bonn 
Tel. (0228) 9 79 93 25 
Fax (0228) 9 79 93 40
E-Mail  ilu@fnl.de  
Internetsite  www.fnl.de/ilu/iluindex.html
Abdruck kostenlos unter Quellenangabe - Beleg erbeten. 
Verantwortlich: Dr. Andreas Frangenberg

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