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Börsen-Zeitung: Überraschungscoup, Kommentar zum Akquisitionshunger der BNP Paribas von Carsten Steevens

06.02.2006 – 20:42

Frankfurt (ots)

Erst sah es nach Spanisch aus, dann doch nicht
nach Fremdsprache. Jetzt dürfen die rund 17000 Mitarbeiter der
sechstgrößten Bank Italiens Französisch lernen. Das monatelange
Rätselraten über die Zukunft der 93 Jahre alten römischen Banca
Nazionale del Lavoro (BNL) scheint beendet: Die BNP Paribas stillt
ihren Akquisitionshunger am Apennin. Die Nummer 1 unter den
börsennotierten Banken Frankreichs landet dabei einen
Überraschungscoup – vorausgesetzt, Italiens Bankenaufsicht und
Kartellbehörde geben grünes Licht für diese grenzüberschreitende
Übernahme, und die Regierung funkt nicht dazwischen.
Dass nach den gescheiterten Übernahmeversuchen der spanischen
Großbank BBVA und des italienischen Versicherers Unipol so schnell
ein neuer Interessent den Arm nach der BNL ausstrecken würde, war
nicht unbedingt zu erwarten. Tatsächlich wurde der Deal, der unter
den grenzüberschreitenden in Europa mit 9 Mrd. Euro nach den
Transaktionen Unicredit/HVB und Banco Santander/Abbey National der
drittgrößte werden könnte, innerhalb nur weniger Tage eingefädelt.
Überraschend ist insofern auch, dass mit immerhin 13 BNL-Aktionären
bereits Einigung über die Übernahme ihrer Anteile von 48% erzielt
wurde.
Dabei dürfte für das Gelingen der Übernahme nicht unwesentlich
sein, dass die Avancen aus Frankreich bei Italiens
Versicherungsriesen Generali, selbst mit knapp 9% an BNL beteiligt,
Gefallen finden. Dass zudem mit dem früheren Goldman-Sachs-Banker
Mario Draghi jetzt ein Verfechter der Marktöffnung für ausländische
Investoren an der Spitze von Italiens Notenbank steht, spricht
ebenfalls für einen Erfolg der französischen Pläne.
Diese sind aber auch aus Pariser Sicht durchaus überraschend. BNP-
Chef Prot zeigte sich bislang eher als Verfechter des organischen
Wachstums, wenngleich das hochprofitable Institut in der jüngeren
Vergangenheit das Geld für zumindest kleinere Transaktionen doch
recht locker sitzen hatte. 15 Übernahmen oder Beteiligungen für rund
2,5 Mrd. Euro allein im Jahr 2005 belegen das. Längst verdient die
Bank außerhalb Frankreichs mehr als auf dem Heimatmarkt.
Der Deal in Italien könnte den Startschuss für weitere geben.
Bereits mit 18% ist der französische Crédit Agricole an Banca Intesa
beteiligt, dem spanischen Banco Santander gehören 10% von Sanpaolo
Imi.

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