"Der richtige Umgang mit der Presse ist mehr als die halbe Miete" - news aktuell im Interview mit Raimund Brichta, Wirtschaftsjournalist und Moderator der n-tv-Telebörse
Hamburg (ots)
Erfolgreiche Finanzkommunikation ist heutzutage eine hochkomplexe Herausforderung, die auch einen professionellen Umgang mit der Presse voraussetzt. Viele Wochen stand die Finanz- und Wirtschaftspresse im Fokus der Öffentlichkeit und mit ihr zahlreiche Unternehmen. Die Wirtschaftskrise verlangt IR-Verantwortlichen viel Können ab - das gelingt mal besser, mal schlechter. Raimund Brichta, Telebörse-Moderator bei n-tv und langjähriger Wirtschaftsjournalist schult in einem media workshop der dpa-Tochter news aktuell den professionellen Umgang mit Finanz- und Wirtschaftsjournalisten: Wie man es richtig macht!
Weitere Informationen zum media workshop "Interviewtraining und Umgang mit der Finanz- und Wirtschaftspresse" am 10. und 11. Juni in Köln: www.media-workshop.de/workshop/1455
news aktuell: Lieber Herr Brichta, spüren Sie seit der Weltwirtschaftskrise ein breiteres Interesse der Öffentlichkeit an Wirtschaftsthemen? Wie reagieren Sie als Wirtschaftsjournalist darauf?
Brichta: Ich hatte eine breitere Beachtung gespürt, als die Krise auf ihrem Höhepunkt war. Danach ist das Interesse wieder abgeflaut. Immer nur dann, wenn ein neuer Krisenherd aufflammt, wie zuletzt in Griechenland, kocht es wieder hoch. Man kann also eher von einem stetigen Auf und Ab sprechen als von einem Trend.
news aktuell: Gibt es so etwas wie eine "Lehre", die IR-Verantwortliche aus der Wirtschaftskrise ziehen können? Was sollten sie zukünftig anders machen? Ihr Tipp aus journalistischer Sicht.
Brichta: Für uns Journalisten kommt es eigentlich immer darauf an, möglichst ehrlich und kontinuierlich über die wesentlichen Vorgänge im Unternehmen informiert zu werden. Und da gilt in Krisenzeiten besonders: Keine Angst vor schlechten Nachrichten! Wer versucht, diese durch Tricks zu verschleiern, fällt doppelt negativ auf.
news aktuell: Stichwort: "Krisenkommunikation". Ich habe oft den Eindruck, Unternehmen ziehen sich in schlechten Zeiten zurück. Wie sehen Sie das? Welche Erwartungen haben Sie als Wirtschaftsjournalist an Unternehmen?
Brichta: Der Eindruck täuscht Sie nicht. Und dabei ist gerade dieses Verhalten schädlich für die Reputation. Wer nur bei schönem Wetter informiert und bei schlechtem dicht macht, verliert an Glaubwürdigkeit. Mir zum Beispiel ist noch heute in positiver Erinnerung, wie sich vor mehr als zehn Jahren der damalige Finanzchef von Siemens abends live meinen Fragen in der n-tv-Telebörse stellte, nachdem der Aktienkurs tagsüber wegen schlechter Geschäftszahlen eingebrochen war. Gerade Anleger vergessen so etwas nicht und sind dann eher bereit, dem Unternehmen auch in schlechten Zeiten die Stange zu halten.
news aktuell: Ein konkretes Szenario: Der Jahresabschluss eines Unternehmens liegt weit hinter den Erwartungen zurück. Wie gehe ich als PR-Profi mit dieser Situation auf der Bilanzpressekonferenz um? Wie stelle ich mich provokanten Fragen seitens der Medien?
Brichta: Der Profi informiert offen und sachlich über die Gründe, die dazu geführt haben. Er antwortet freundlich, aber bestimmt auf alle Fragen, und mögen diese noch so provokant formuliert sein. Außerdem sollte er glaubhaft erläutern, mit welchen Maßnahmen das Unternehmen wieder auf Kurs gebracht werden soll. Er muss also deutlich machen, dass er die Krise als Chance begreift.
news aktuell: Warum ist ein Medientraining wichtig, was kann man lernen?
Brichta: Der richtige Umgang mit der Presse ist mehr als die halbe Miete. Lassen Sie mich das an einem aktuellen Beispiel aus der Politik erläutern: Vergleichen Sie nur das Medienecho auf Verteidigungsminister zu Guttenberg in Sachen Afghanistan und auf Verkehrsminister Ramsauer in der Vulkanasche-Affäre. Zwischen beiden liegen Welten. Während in den Berichten über zu Guttenberg meistens der Eindruck entstand, der Minister habe eine schwierige Situation zumindest im Griff, hinterließ Herr Ramsauer den Eindruck, ihm sei die Sache aus der Hand geglitten. Dabei waren seine größten Fehler nicht inhaltlicher Art, sondern lagen im falschen Umgang mit der Presse. In einem guten Medientraining lernt man, wie man es richtig macht.
news aktuell: Eine abschließende Frage: Soziale Netzwerke wie Twitter, Facebook oder Youtube werden in Kommunikationsabteilungen derzeit kräftig diskutiert. Ist "Social Media" etwas, dass auch die Finanz- und Wirtschaftspresse beschäftigt oder zukünftig immer mehr beschäftigen wird?
Brichta: Wenn Sie soziale Netzwerke als Informationsquelle meinen, dann spielen sie für die Wirtschaftspresse noch keine wesentliche Rolle. Das kann sich aber durchaus zukünftig ändern.
news aktuell: Lieber Herr Brichta, herzlichen Dank für das Interview!
Raimund Brichta (Jahrgang 1959) moderiert seit 1992 die TELE-BÖRSE und ist als freier Wirtschaftsjournalist und Videoproduzent tätig. Der Diplom-Volkswirt sammelte bereits 1978 seine ersten journalistischen Erfahrungen bei der Nachrichtenagentur VWD. In den 90er Jahren baute er als Leiter der Wirtschaftsredaktion die Börsen- und Wirtschaftsberichterstattung des Nachrichtensenders n-tv auf. Danach leitete er als geschäftsführender Gesellschafter die Investor-Relations-Agentur bv medien und lernte dabei die andere Seite der Finanzkommunikation kennen, bevor es ihn wieder in den Journalismus zurückzog.
Zu den Fortbildungsseminaren von news aktuell: Kleine Seminargruppen und namhafte Referenten sichern den Lernerfolg und eine exzellente Betreuung aller Teilnehmer. Alle Themen bietet news aktuell auch als Inhouse-Seminar an. Seit dem Jahr 2001 haben bereits mehr als 9.000 PR-Fachkräfte an den Fortbildungen der dpa-Tochter in Deutschland und der Schweiz teilgenommen.
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