Kühl kalkuliert
Kommentar von Tobias Goldbrunner zu Atomkraftwerken im Krieg
04.03.2022 – 18:07
Mainz (ots)
Ein Feuer an Europas größtem Atomkraftwerk: Diese dramatischen Bilder erzeugen bei vielen von uns Ängste. Und genau das passt ins Kalkül von Wladimir Putin. War es ein Unfall? Schwer zu glauben. Ein Sabotageakt der Ukrainer? Nein, wahrscheinlich ist, dass es ein kühl kalkulierter Plan Putins war. Er scheint gerade nach dem schleppenden Einmarsch in der Ukraine zu allem entschlossen, und so dürfte er auch vor schmutzigen Mitteln nicht so schnell Halt machen. Mit dem Angriff auf Saporischschja will der Autokrat der westlichen Welt womöglich verdeutlichen: "Seht her, ich kann euch weh tun!" Putin weiß jedenfalls, dass das Geschehen Erinnerungen an die Tschernobyl-Katastrophe weckt. Den Krieg vor unsere Haustür zerrt. Die Nato-Verbündeten tun gut daran, diesen Vorfall mit Bedacht zu analysieren. Sie müssen deutliche Worte finden, diesen terroristischen Akt aufs Schärfste verurteilen - dürfen gleichzeitig aber nicht die Nerven verlieren und unüberlegte Schritte wählen. Obendrein zeigt dieser Angriff einmal mehr, wie verletzlich der Umgang mit nuklearer Energiegewinnung die Menschheit macht. Er stößt mitten hinein in die gerade eben erst neu entfachte Diskussion um eine Laufzeitverlängerung in Deutschland. Atomkraftwerke bleiben ein Sicherheitsrisiko. Hinzu kommt, dass die Anlagen nicht einfach so weiterbetrieben werden können. Die Kosten dafür wären enorm. Ganz zu schweigen von der ungelösten Endlagerfrage. Stattdessen sollten die Pläne für regenerierbare Energien entschlossener vorangetrieben werden. Vielleicht treibt der Ukraine-Krieg ohnehin die Energiewende voran - offenbart er doch auch die Abhängigkeit von schmutzigen Energieträgern aus Russland.
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