WDR-Rundfunkratsvorsitzender Grätz: Beihilfe-Beschwerden in Brüssel unbegründet
Köln (ots)
Mit aktuellen Fragen der Europäischen Medienpolitik hat sich der WDR-Rundfunkrat unter Vorsitz von Reinhard Grätz auf seiner jüngsten Sitzung in Köln befasst. Kritisch bewertete das Gremium dabei die kürzlich vom VPRT eingereichte Beschwerde gegen angebliche E-Commerce- und angeblich ausufernde Online-Aktivitäten von ARD und ZDF. "Es ist kein Zufall," so Reinhard Grätz, "dass sich der VPRT gerade jetzt mit einer Beschwerde zu Wort meldet, stehen doch die Verhandlungen mit der KEF um den künftigen Finanzbedarf für ARD und ZDF bis Ende 2008 an. In solchen Zeiten sind 'Störfeuer' populär. Hinzu kommt die schlechte gesamtwirtschaftliche Lage und der gewaltige Einbruch der Werbewirtschaft. Da soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk gleich mit abgestraft werden. Die Brüsseler Karte wird nicht stechen. Im Gegenteil: Brüssel weist dem deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine Vorbildfunktion innerhalb Europas zu." Der Aufgabenkatalog sei gesetzlich präzise definiert, so Grätz. Im übrigen schmälere der geringe Ertragsanteil aus Fernsehwerbung und -sponsoring die Gewinnspannen der kommerziellen Rundfunkveranstalter nicht. Die vom Publikum für die Angebote von ARD und ZDF aufzubringenden Gebührenmittel lege eine sachverständige und unabhängige Kontrollinstanz fest. Dabei werde die auftragsgerechte Verwendung von dieser Kommission und den demokratisch organisierten Aufsichtsgremien der Sender streng geprüft. Als nicht nachvollziehbar bezeichnete der Rundfunkrat auch die ablehnende VPRT-Positon zu der von der ARD erreichten Anpassung an die Werbebesteuerung des ZDF.
Einvernehmlich ist auch die Haltung des WDR-Rundfunkrats zu den Online-Aktivitäten der ARD und des WDR. Gemeinschaftliche Online-Aktivitäten der ARD seien mit den individuellen Angeboten der Landesrundfunkanstalten "intelligent verzahnt". Synergien würden genutzt. Auf die Abgrenzung zu den kommerziellen Angeboten werde große Sorgfalt verwandt. Von der hohen Qualität des WDR-Internetangebotes haben sich die für Programm, Rundfunkentwicklung und Haushalt zuständigen Fachausschüsse des Rundfunkrats überzeugt. Qualität und Vernetzung innerhalb des Medienverbunds erfuhren höchstes Lob. Der Rahmen des rundfunkstaatsvertraglich Zulässigen werde nicht überschritten. Grätz. "Ich bin sogar der Meinung, dass ARD und WDR diesen Rahmen mit weniger als ein Prozent ihres Haushalts bei weitem noch nicht ausgeschöpft haben. Wenn ganze Altersgruppen bereits mit dem Massenmedium Internet aufwachsen und ein öffentlich-rechtliches Angebot wie 'Planet Wissen' vor allem Online genutzt wird, sind ARD und WDR gefordert, darauf medienadäquat zu reagieren." Die Online-Aktivitäten seien Bestandteil der gesetzlich und rundfunkstaatsvertraglich garantierten Teilhabe an innovativen Rundfunkentwicklungen. Der Rundfunkrat zeigte sich deshalb überzeugt, dass Brüssel seine bisherige positive Haltung zum deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk bestätigen werde.
Ebenfalls kritisch bewertete der Rundfunkrat eine zweite Beschwerde wegen Aktivitäten der ARD im Bereich von Film- und Fernsehproduktionen. Beteiligungen der Sender an Unternehmen in rundfunkrelevanten Branchen seien wichtiger Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Sie sicherten Unabhängigkeit in der Beschaffung des Programmbedarfs. Grätz: "Spätestens seit dem Zusammenbruch des Kirch-Imperiums ist jedem Kenner der Szene klar, wie wichtig diese Beteiligungsstruktur für die wettbewerbsfähige Auftragserfüllung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist. Der Vorwurf Quersubventionierung geht deshalb ins Leere." Geschäftsgebaren und Buchführung seien transparent und erfüllten die Kriterien der EU-Transparenzrichtlinie, ungeachtet dessen, das deren Anwendungsvoraussetzungen im Falle der ARD nicht erfüllt sind. Rundfunkgebühren seien keine "staatlichen Beihilfen" im Sinnes des EU-Rechts. Vielmehr werde dadurch eine gesellschaftliche Infrastruktur finanziert, deren Bedeutung für die Kultur und die Kreativen in diesem Lande unbestritten sei. Diese Auffassung teilten auch die Gremienvorsitzenden der ARD, wie ein einstimmiger, weiterhin gültiger Beschluss der Vorsitzenden aus dem November 2001 zeige.
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