Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
Prädikate aktuell Acht Filme "besonders wertvoll"
Wiesbaden (ots)
Solch eine Auswahl guter und bester Filme findet sich in den Annalen der Filmbewertungsstelle Wiesbaden (FBW) nicht alle Jahre. In der ersten Herbstsitzung hat die mit unabhängigen Gutachtern besetzte Jury der FBW acht Mal das Prädikat "besonders wertvoll" und drei Mal das Prädikat "wertvoll" vergeben. Dazu kommen noch zwei weitere Prädikate für den dokumentarischen Kurzfilm "La vida dulce - Das süße Leben" über eine Tortenbäckerei in Havanna und für die kritische DVD-Edition des Dokumentarfilms "Olympia 1936" von Leni Riefenstahl. Zu den herausragenden Filmen der nächsten Kino-Wochen gehören nach Ansicht der FBW-Jury das Drama "World Trade Center" von Oliver Stone, die Kinder- und Jugendfilme "TKKG - Das Geheimnis um die rätselhafte Mind-Maschine", "Zaina, Königin der Pferde" und "Lucas der Ameisenschreck". Empfohlen werden auch "Black Dahlia" von Brian De Palma, die schräge und zum Schreien komische Science-Fiction-Komödie "Alien Autopsy" und der ganz und gar nicht prüde Beziehungsfilm "Shortbus" aus New York. Drei ganz besondere Filme sollten Kinogänger sich schon für November 2006 vormerken: den deutschen Film "Warchild - Stille Sehnsucht" von Christian Wagner, den kanadischen Film "Snow Cake" mit Sigourney Weaver und Alan Rickman und die britische Produktion "Scoop". Dies ist der neueste Film von Woody Allen - und die gute Nachricht ist, so die Jury der FBW: "Woody Allen ist wieder in alter Hochform."
Hier die Prädikate aktuell in der Übersicht:
Prädikat "besonders wertvoll" für:
World Trade Center Drama - USA 2006 - 129 Min - FSK: ab 12 J. - Regie: Oliver Stone - mit: Michael Pena,Nicolas Cage, Maria Bello, Maggie Gyllenhaal. Bewegend, spannend, sehr ergreifend: Indem Oliver Stone sich auf die Perspektive zweier verschütteter Polizisten konzentriert, öffnet er den Blick auf die Verunsicherung, die der 11. September 2001 hinterlassen hat. Stone vermeidet alle katastrophengierigen und sensationellen Mätzchen. Fast dokumentarisch zeigt er, wie der Terror in den Alltag bricht. Als Propagandafilm ungeeignet, wird hier das Politische privat und das Private politisch. Ein sehr menschlicher Film gegen die Abwesenheit der Männer im Felde. Kinostart: 28. September 2006 (UIP)
TKKG - Das Geheimnis um die rätselhafte Mind-Maschine Kinderfilm - BRD 2006 - 117 Min - FSK: ab 6 J. - Regie: Tomy Wiegand - mit: Jannis Niewöhner, Jonathan Dümcke, Lukas Eichhammer, Svea Bein, Jürgen Vogel, Ulrich Noethen.
Ein kurzweiliger Abenteuerfilm für Jugendliche, der an Spannung, Tiefe und Komik nichts zu wünschen übrig lässt. Der mit viel Liebe ausgestattete und gestaltete Fantasykrimi führt die Jugendclique Tim, Klößchen, Karl und Gabi (kurz TKKG) in die Welt der Wissenschaft und stellt auch ernsthafte moralische Fragen. Regisseur Tomy Wiegand und Produzentin Uschi Reich bieten lupenrein perfektes, anspruchsvolles Unterhaltungskino, das die Kids ernst- und mitnimmt und auch Erwachsenen "Doping fürs Gehirn" bietet. Kinostart: 28. September 2006 (Constantin)
Zaina, Königin der Pferde (Zaina) - Kinderfilm - Frankreich 2005 - 100 Min - FSK: ab 6 J. - Regie: Bourlem Gouerdjou - mit: Aziza Nadir, Sami Bouajila, Simon Abkarian.
Breit müssen bei den besten Pferden drei Dinge sein (Stirn, Bug, Nüstern) und bei einem guten Film die Leinwand. Der farbenfrohe, überragend geschnittene und fotografierte Scope-Film vermag mehr als nur die Spezial-Zielgruppe pferdevernarrter Mädchen zu erreichen. Jenseits von Folklore-Kitsch und Klischees wird hier eine archaische Geschichte erzählt, modern im Behauptungswillen der weiblichen Hauptfigur, souverän und schnörkellos in den filmischen Mitteln, geradezu vorbildlich im Einsatz der Filmmusik. Kinostart: 12. Oktober 2006 (Prokino)
Shortbus Beziehungsfilm - USA 2006 - 101 Min - FSK: noch keine Angaben - Regie/Buch: John Cameron Mitchell - mit: Sook-Yin Lee, Paul Dawson, Lindsay Beamish, PJ Deboy.
Wild und radikal, ein ganz und gar nicht prüder Film aus New York. Direkt und natürlich leben die Charaktere ihre Lebensfreude und ihre Sexualität aus. Die Suche nach dem Sinn des Lebens ist auch eine Suche nach Nähe und scharfem Sex. Die Darsteller geben dabei oft wahrhaft ihr Letztes, spielen mit Haut und Haar, riskieren viel. Gerade auch diese Nacktheit der Gefühle macht den Film künstlerisch beeindruckend. Kamera, Schnitt und Musik überzeugen. Die FBW-Jury votierte einstimmig für das höchste Prädikat. Kinostart: 19. Oktober 2006 (Senator)
Snow Cake Beziehungsfilm - Kanada/Großbritannien 2005 - 112 Min - FSK: noch keine Angaben - Regie: Marc Evans - mit: Alan Rickman, Sigourney Weaver, Carrie-Anne Moss, Jayne Eastwood.
Als Berlinale-Eröffnungsfilm ungerecht behandelt, kann die anrührende Geschichte aus der kanadischen Provinz jetzt im Kino ihre Kraft entfalten. Allan Rickman und Sigourney Weaver gehen Oscar-reif in ihren Rollen auf. Alles andere als ein Starvehikel, ist dies ein Film der leisen Töne, der behutsamen Annäherungen, der genauen Inszenierung. Ganz normale, besondere Menschen in einer ganz normalen, besonderen Situation - dieser wundervoll genaue, humane Film hat einen Blick für die kleinen Dinge des Lebens. Kinostart: 2. November 2006 (Kinowelt)
Warchild - Stille Sehnsucht Beziehungsfilm - Deutschland 2005 - 104 Min - FSK: ohne Altersbeschränkung - Regie: Christian Wagner - mit: Labina Mitevska, Senad Basic, Katrin Sass, Crescentia Dünsser.
Ganz wunderbar in der Schwebe hält Regisseur Christian Wagner den Grundkonflikt seines - auch international sehr beachteten - Films. Eine junge, starke Mutter sucht verzweifelt die in den Wirren des Bosnienkriegs verlorene Tochter. Und sie findet sie. In Deutschland. Bei Adoptiveltern. Dies ist kein beliebiger Stoff, hier scheiden sich die Geister. Das ist Kino für Herz und Kopf, elegant erzählt, mit hervorragenden Darstellern und der sensiblen Kamera von Thomas Mauch. Ein Film, der noch lange nachhallt. Kinostart: 9. November 2006 (movienet)
Scoop - Der Knüller (Scoop) - Komödie - USA/Großbritannien 2006 - 95 Min - FSK: noch keine Angaben - Regie/Buch: Woody Allen - mit: Scarlett Johansson, Hugh Jackman, Woody Allen.
Eine gute Nachricht: Woody Allen ist wieder in alter Hochform. Hier wandelt er auf den Spuren von Miss Marple, lässt dabei oft Scarlett Johansson den Vortritt, beide wirken wie ein prächtig eingespieltes Paar. Miss Johansson entpuppt sich zudem als begnadete Komödiantin. Wie locker aus dem Ärmel geschüttelt wirkt die vergnüglich leichtfüßige Krimikomödie. Dialogwitz und Situationskomik lassen schmunzeln, nebenbei hagelt es Seitenhiebe auf Sensationsjournalismus und Revolverblätter. Kinostart: 16. November 2006 (Concorde)
Alien Autopsy Großbritannien 2006 - Sciene-Fiction-Groteske - 95 Min - FSK: ab 12 J. - Regie: Jonny Campbell - mit: Declan Donnelly, Anthony McPartlin, Bill Pullmann, Harry Dean Stanton, Götz Otto.
Auch wenn der Titel irreführen und sogar abschrecken mag: Dies ist eine hochvergnügliche Mediensatire, die humoristische Rekonstruktion einer gefälschten (?) Dokumentation über die Autopsie an einem Außerirdischen. In Humor und Look kommt das sehr kurzweilig und "very british" daher, die Produktionsstandards der alten Ealing Studios werden hier wiederbelebt. Manche Szenen wie das Labor im Wohnzimmer sind zum Schreien komisch, nebenbei gibt es viele kleine Lektionen über die Tricks des Filmemachens. Kinostart: 16. November 2006 (Warner)
Prädikat "wertvoll" für:
Ich, du und der Andere (You, Me and Dupree) - Komödie - USA 2006 - 110 Min - FSK: ohne Altersbeschränkung - Regie: Anthony & Joe Russo - mit: Owen Wilson, Matt Dillon, Michael Douglas.
Eine temporeiche Beziehungskomödie mit Owen Wilson als Spießerschreck, der ein junges Paar aufmischt und vor zuviel an bürgerlicher Anpassung zu bewahren sucht. Es gibt viele schöne Pointen, über die man teils herzhaft lachen kann, ohne dass es sich um krachlederne Witze handelt. Der oft geradezu subversive Humor - und das ist der Charme des Films - entspringt einer fast anarchistischen Lebensphilosophie, die Owen Wilson mit viel Spielfreude aufs trefflichste verkörpert. Auch Matt Dillon überzeugt, Michael Douglas imponiert mit einer Selbstparodie.Kinostart: 21. September 2006 (UIP)
The Black Dahlia Film Noir - USA 2006 - 120 Min - FSK: noch keine Angaben - Regie: Brian De Palma - mit: Josh Hartnett, Scarlett Johansson, Aaron Eckhart, Hilary Swank.
Sogar ein Treppenhaussturz fehlt nicht in Brian De Palmas handwerklich und technisch perfektem "period piece", einem aufwendigen farbigen "Film Noir" nach einem Roman von James Ellroy. Wie Feuer und Eis sind die zwei Polizisten, die 1947 in Hollywood im Mordfall einer jungen Schauspielerin und in einem Morast von Korruption und Verstrickungen ermitteln. Das Krimi-Genre wird gekonnt variiert, wie eine Zwiebel schälen sich die Lösungen des verzwickten Falls. Ausstattung und Musik sind wie auch die Kamerafahrten exzellent. Kinostart: 5. Oktober 2006 (Warner)
Lucas der Ameisenschreck (The Ant Bully)- Animations-/Kinderfilm - USA 2006 - 89 Min - FSK: ohne Altersbeschränkung - Regie: John A. Davis.
"Ameisen gähnen nicht", heißt es in diesem Ausflug in eine andere Welt. Die Reise in das Reich der Krabbeltiere ist spannend - und auf eine sanfte Weise lehrreich. Der plötzlich auf Ameisengröße geschrumpfte Lucas erfährt zusammen mit dem jungen Kinopublikum viel Anschauliches über die Machtverhältnisse zwischen Groß und Klein. Der wimmelnde Ameisenhaufen entpuppt sich zudem als ein bewundernswertes Modell von Gemeinschaft und sozialem Miteinander. Das hat viel Witz und Spaß und staunenswerte Situationen. Kinostart: 12. Oktober 2006 (Warner)
Kurzfilm des Monats Juli 2006:
Prädikat "besonders wertvoll": La Vida dulce - Das süße Leben Kurzdokumentarfilm - BRD 2005 - 14 Min - Regie: Bettina Blümner, Rouven Rech - Produktion: Torero Film, Berlin.
Kontakt:
DVD-Edition des Monats September 2006:
Prädikat "besonders wertvoll":
Olympia 1936
Dokumentarfilm/ DVD-Edition - 3 DVDs - 401 Min - Regie: Leni
Riefenstahl: "Fest der Völker" + "Fest der Schönheit" (115 + 89 Min)
- BRD 1936 - Ray Müller: "Die Macht der Bilder" (197 Min) - BRD 1993
- FSK: ab 12 Jahren bzw. o.A.
70 Jahre nach den Olympischen Spielen von 1936 in Berlin nun eine
sorgfältige DVD-Edition der beiden Olympia-Filme von Leni
Riefenstahl. Filme und Filmemacherin sind und bleiben wegen ihrer
Nähe zu den Nazis umstritten. Der Olympia-Film aber wird - vor allem
im Ausland - zu den Meisterwerken der Filmkunst gezählt, denn hier
wurden Standards des Dokumentarischen gesetzt. Die 197-minütige
Dokumentation "Die Macht der Bilder" von Ray Müller ist integraler
Bestandteil dieser vorbildlichen Edition.
Vertrieb: Arthaus Premium, Kinowelt Home Entertainment, Leipzig.
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