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Schwäbische Zeitung: Europas Einfluss schrumpft - Leitartikel

Leutkirch (ots)

Kurzfristige nationale Egoismen gegen langfristige internationale Interessen: Diese Konfliktlage gilt für den EU-Gipfel in Brüssel wie für die Weltklimakonferenz im südafrikanischen Durban. Wenn hochrangige Vertreter der Bundesregierung mit Blick auf den Euro erklären, dass "eine Reihe von Akteuren den Ernst der Lage nicht verstanden" habe, dann hat dieser Satz mit Sicherheit auch für die Klima-Diplomaten Gültigkeit.

All denen, die mit der europäischen Währung bewusst oder fahrlässig spielen, sollten die seit 1992 laufenden Klimaverhandlungen als Menetekel gelten: Europas globaler Einfluss schrumpft. Trotz einer verhältnismäßig einheitlichen Position in Fragen der Erderwärmung und der daraus resultierenden Krisen und Kriege ist Europa alleine zu schwach, weltweite Lösungen anzubieten oder gar durchzusetzen.

Und das seit 20 Jahren, nicht erst seit gestern. Die USA, China, Indien, Brasilien, aber auch Kanada oder Australien: Sie nehmen alle Europas Warnungen vor katastrophalen Wetterkapriolen mit dramatischen Auswirkungen auf Menschen wie auf Volkswirtschaften zur Kenntnis, nur kümmern tut es diese Länder wenig. Sie wägen ab und kommen zu dem (falschen) Schluss, dass ihre Wachstumsinteressen schwerer wiegen als Umweltzerstörung und mögliche politische Verstimmungen der Regierungen in den europäischen Hauptstädten.

Das globale Kräfteverhältnis verschiebt sich derzeit dramatisch. Die europäischen Positionen werden von Inselstaaten wie Tuvalu oder den Salomonen gestützt. Ihnen steht das Wasser bereits zum Hals. Sollte in einer solchen Zeit auch noch die Währung zusammenbrechen, dann wird Europa Zaungast des Weltgeschehens. Dann werden Zukunftsentscheidungen woanders getroffen, eine Mitsprache oder gar einen Gestaltungsspielraum wird es nicht mehr geben. Europa würde dann zum Spielball anderer werden. Wirtschaftspolitisch, sozialpolitisch, sicherheitspolitisch oder auch beim Klimaschutz.

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