Schwäbische Zeitung: Schlecker ist kein Sonderfall - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Zunächst sah es so aus, als ob Nils Schmid die meisten Bundesländer von der Bürgschaft zugunsten von Transfergesellschaften überzeugen könnte. Gestern Abend ist die gemeinsame Schlecker-Hilfe erstmal geplatzt. Schmid versuchte in letzter Minute, das Geld noch einzusammeln.
Die Kritik hat zugenommen. Letztlich haben Niedersachsen und Sachsen als Erste Farbe bekannt und die Helferrolle abgelehnt. Und das ist richtig. Das Risiko ist zu hoch. Es fehlt der schlüssige Grund, warum Schlecker ein Sonderfall sein soll. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, private Unternehmen zu retten. Es ist nicht Aufgabe des Steuerzahlers, der Politik Geld für solche Rettungsaktionen zu überlassen. Weiterbildungsmaßnahmen, Bewerbungstraining, Hilfe während der Orientierungsphase und bei der Jobsuche - all das sind zunächst die Aufgaben der Agentur für Arbeit.
Für die Transfergesellschaften gibt es andere Interessen: Der Insolvenzverwalter will Investoren nicht mit einem Berg Kündigungsschutzklagen abschrecken. Die Befürworter aus der Politik wollen eine attraktive Arbeitslosenstatistik behalten. Viele Schlecker-Frauen wollen Zeit und Sicherheit. Jede Perspektive hat ihre Berechtigung, aber eine Transfergesellschaft wird wohl kaum langfristig all diese Wünsche erfüllen. Sie wird die Probleme verschieben, aber nicht lösen.
Die Meinungen über die Staatshilfe als Schlecker-Rettungspaket gehen deutlich auseinander. Einige sehen die Marktwirtschaft in der Schieflage. Andere wollen die Fortführung des Unternehmens um jeden Preis, obwohl Anton Schlecker große Fehler begangen hatte. Die Mitarbeiter trifft keine Schuld an der Insolvenz. Aber Mitarbeiter vieler anderer insolventer kleiner und mittlerer Betriebe trifft auch keine Schuld - trotzdem fließt keine Staatshilfe.
Ist Hilfe also allein deshalb gerechtfertigt, weil es einen Konzern betrifft statt viele kleine Betriebe? Oder etwa nur deshalb, weil es sich überwiegend um Frauen handelt, die sich als Opfer sehen in einem System, das für Banken, Autos und Männer angeblich jederzeit großzügig einspringen würde? Es ist schwer, eine Linie zu ziehen. Aber dennoch richtig.
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