Schwäbische Zeitung: Fluglärmstreit geht weiter - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Worüber haben die Bundesregierung in Berlin und der Bundesrat in Bern eigentlich jahrelang verhandelt? Um den sogenannten gekröpften Anflug auf den Zürcher Flughafen. Um An- und Abflüge nach und von Zürich über deutschem Gebiet. Im deutsch-schweizerischen Fluglärmstreit ging es phasenweise so ideologisch laut und nationalistisch hämisch zu wie beim wesentlich bedeutsameren Konflikt um deutsche Fluchtgelder auf Schweizer Konten.
Das hätte alles nicht sein müssen, wenn die Schweiz ein bisschen weniger egoistisch aufgetreten wäre. Es ging hier ja nicht um die Wettbewerbsfähigkeit des Flughafens, sondern darum, welche Bürger den Krach ertragen sollen. In einer vernetzten Welt kann man eben nicht mehr so tun, als gingen einen die Klagen der Nachbarn nichts an.
Nun haben sich Bundespräsidentin Doris Leuthard und der deutsche Verkehrsminister Peter Ramsauer geeinigt. Doch eigentlich scheint sich nichts geändert zu haben. Die Zürcher fühlen sich über den Tisch gezogen, der Kleine fühlt sich vom Großen übervorteilt, wie meist im schwierigen deutsch-schweizerischen Verhältnis. Ein sozialdemokratischer Parlamentarier aus Zürich spricht gar von der "totalen Kapitulation" der Schweiz vor dem deutschen Druck. Das ist eine martialische Rhetorik, die die Schweizer sonst gerne deutschen Politikern wie Peer Steinbrück ankreiden. Und die Grenzgemeinden in Baden-Württemberg protestieren, denn die Lärmbelästigung bleibt für sie leider ganz beträchtlich. Zudem haben sie den Eindruck, da habe ein Verkehrsminister aus Bayern der ebenso charmanten wie attraktiven Schweizer Amtskollegin leichtfertig Zugeständnisse gemacht, die nicht die Bayern, aber die Baden-Württemberger ertragen müssen.
Im Grunde ist mit der jetzt gefeierten Einigung auf einen Staatsvertrag nicht viel erreicht: Beide Parlamente müssen noch zustimmen, und in der Schweiz steht auch noch eine Volksabstimmung zu dem Abkommen an. Der Streit geht weiter, der Lärm auch, erreicht ist nichts.
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