Schwäbische Zeitung: Demokratie muss sich wehren - Kommentar
Leutkirch (ots)
Spätestens das Bekanntwerden der NSU-Mordserie zwingt die Verfassungsschützer zum Umdenken: Die größte Gefahr für den Staat lauert nicht zwingend dort, wo jeweils im Vorjahr die meisten Straftaten gezählt wurden. Wer wegen der Statistik nur nach rechts oder nur nach links schaut, verliert die aus dem Auge, die nicht gesehen werden wollen.
Dabei sind krude Gedankengebäude immer gefährlich - egal ob ideologisch braun, rot oder grün angepinselt. So wenig die verschiedenen Verfassungsfeinde miteinander zu tun haben wollen: Alle setzen einer komplizierter werdenden Welt simple Heilslehren, unverhohlene Freund-Feind-Rhetorik und Kampfansagen an unsere freiheitliche Grundordnung entgegen.
Dank des Internets brauchen die Gedankenvergifter heute keinen großen organisatorischen Unterbau mehr, um ihre meist jungen Opfer zu umgarnen. Die Praxis zeigt: Radikalisieren kann man sich in Ulm ebenso leicht wie in Hoyerswerda oder Hamburg. Die Verfassungsfeinde sind mobil geworden - ihre Propaganda ist dort, wo Menschen enttäuscht oder wütend sind.
Der Staat muss dem einen effizienten Verfassungsschutz entgegen stellen, der die Extremisten im Blick und Rückhalt in der Bevölkerung hat. Behörden, die sich - parlamentarischer Kontrolle entzogen - meist mit sich selbst beschäftigen, kann sich eine wehrhafte Demokratie nicht mehr leisten.
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