Schwäbische Zeitung: Armselige Debatte - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Himmelangst um ihr sauer Erspartes wird vielen Deutschen angesichts der Kredit-Summen, die durch Europa geistern. Und was macht das Parlament? Herumreden um den heißen Brei und Wahlkampf. Finanzminister Wolfgang Schäuble hält eine Rede, die allenfalls als Finanzseminar-Grundkurs an einer deutschen Universität auf Gefallen treffen könnte, aber dem Normalbürger wenig erklärt. Die meisten anderen Redner machten munter Wahlkampf mit Leerformeln und altbekannten Vorwürfen. Der Liberale Rainer Brüderle gegen die Sozis, der Christdemokrat Volker Kauder gegen die Linken, der Sozialdemokrat Frank-Walter Steinmeier gegen die Kanzlerin und die Linken gegen alle. Das ist ein Armutszeugnis.
Denn Frank-Walter Steinmeier, der die Wahlkampfstimmung anfachte, indem er der Kanzlerin die Vertrauensfrage nahelegte, hat in einem Punkt Recht: Die Menschen fürchten sich, und es fehlt an Erklärungen. Doch warum versucht nicht wenigstens er es, wenn die Regierung es schon nicht ausreichend tut?
Vielleicht liegt die verbreitete Art von beredter Sprachlosigkeit der Politik auch daran, dass längst nicht mehr alle Abgeordneten im Bundestag überzeugt sind, das Richtige auf den Weg zu bringen. Das rettende Ufer ist noch nicht in Sicht. Und diesmal ging es explizit um Hilfen für Banken - und damit die Verursacher der Krise. Dass die meisten Parlamentarier trotzdem zustimmten, hat nur einen Grund: Nach Abwägung der Alternativen halten sie die neue Hilfe für das kleinere Übel.
Nun haben die Freien Wähler zwar Recht mit ihrer reinen Lehre, dass die Finanzwelt der Gesellschaft dienen muss, und nicht die Gesellschaft der Finanzwelt. Aber unsere Gesellschaft basiert nun einmal auf einer stabilen Finanzwelt. Deshalb gilt es, die Regeln zu ändern, ohne das Fundament einstürzen zu lassen. Deshalb sind europäische Bankenunion, Bankenaufsicht und die Schuldenbremsen auch für Banken so wichtig. Darüber im Parlament zu debattieren, lohnte sich wirklich.
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