Schwäbische Zeitung: Ein Kürzel, das für Heimat steht - Leitartikel
Leutkirch (ots)
Mit einem ganz einfachen Vorschlag hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer die Herzen vieler Bürger gewonnen. Eigentlich geht es nur um maximal drei Buchstaben, sie prangen aber auf einem ganz besonderen Ort: auf dem Nummernschild eines jeden Autofahrers. Das einfache Buchstabenkürzel bezeichnet aber nicht nur den Verwaltungsbezirk, in dem das Auto angemeldet ist, es steht für die Heimat des Fahrers, der den Wagen steuert - für die Region und das Gäu, in dem er lebt und arbeitet, das er liebt und das er kennt.
Die auf den ersten Blick so abstrakte Buchstaben-Ziffern-Kombination symbolisiert bei genauerer Analyse so viel mehr: Sie erfüllt dieselbe Funktion wie die Maultasche für die Schwaben und die Lederhose für den Bayern. Sie steht für Region und Gefühl. Spötter mögen in Zeiten der Globalisierung solche Werte als anachronistisch und unmodern verunglimpfen, wer jedoch die Liebe der Menschen zu ihrer Heimat als rückwärtsgewandt verdammt, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.
Das Gefühl, das sich auch in dem Wunsch widerspiegelt, dass der Heimatort am Nummernschild abzulesen ist, hat so eine wichtige Aufgabe beim Schaffen von Identität: Wer das Kürzel eines Landstriches tagtäglich durch die Lande fährt, der identifiziert sich mit der Region, in der er wohnt - und ist zudem bereit, für diese Region und dort lebenden Menschen Verantwortung zu übernehmen. Auf die Weise gehört die Reform zu den Bausteinen, die einer Zivilgesellschaft ihre Basis geben.
Für den Bundesverkehrsminister sind die neuen Regeln zur Vergabe von Nummernschildern ein großer Glücksfall: Selten schaffen es Politiker, mit relativ einfach umzusetzenden Ideen in der Bevölkerung auf so große Zustimmung zu stoßen. Eines ist allerdings auch klar: Viel kosten sollte die Reform nicht. Die wirklich großen Probleme löst die Reform nämlich nicht. Das kann jedoch auch als gutes Vorzeichen gedeutet werden: Richtig dramatisch kann die Situation nicht sein, wenn man sich in Zeiten von Eurokrise mit Nummernschildern beschäftigt.
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