Schwäbische Zeitung: Selbstbewusster Journalismus - Kommentar
Leutkirch (ots)
Manche Zeitungen verschwinden zu Recht vom Markt. Wenn die Frankfurter Rundschau die Herzen und Brieftaschen ihrer Leser nicht mehr erreicht, ist sie reif für den Konkursrichter. Wenn die Financial Times Deutschland Jahr für Jahr Millionenverluste macht, gehört sie schweren Herzens eingestampft.
Darin unterscheidet sich eine Zeitung nicht von einer Uhr. Wenn Japaner und Schweizer billigere oder bessere Uhren bauen, ist es folgerichtig, die Uhrenfabriken in Schwenningen zu schließen. Das ist das Wesen unseres kapitalistischen Systems.
Nun gibt es aber einen Unterschied zwischen einer Zeitung und einer Uhr. Starker Journalismus ist wesentlich für das Funktionieren unserer Demokratie. Nicht zu Unrecht wird die Presse als die vierte Gewalt im Staat bezeichnet. Ihre Aufgabe besteht auch darin, das Treiben der Regierung, des Gesetzgebers und der Justiz zu kontrollieren.
Diese Aufgabe verlangt nach finanzstarken, unabhängigen Redaktionen und selbstbewussten, gebildeten Journalisten. Ebenso wie wir uns den Rechtsstaat viel Geld kosten lassen, muss uns auch die freie Presse etwas wert sein. Ein gut gemachtes Blatt wie die Schwäbische Zeitung kostet weniger als ein Stück Torte oder ein kleines Glas Bier. Ist das zu viel verlangt?
Statt aber selbstbewusst die Stärken und Pflichten professioneller Redaktionen herauszustreichen, haben Manager und Journalisten das eigene Werk kleingeredet. Wir haben Zeitungen in Supermärkten verschenkt und den Kunden Kaffeemaschinen mitgegeben, bloß damit sie ein Abonnement abschließen.
Es ist an der Zeit, den Wert unabhängiger Zeitungen und ihrer Internetportale ins Bewusstsein zu rufen. Mutige Journalisten können sich mit den Mächtigen anlegen, Unrecht aufdecken, Lüge von Wahrheit scheiden und wichtige von unwichtigen Nachrichten. Diese Aufgabe ist mehr denn je gefragt in einer Welt, in der wir hundert Fernsehsendern, abertausenden Internetseiten und Heerscharen von Politikern und Unternehmen ausgeliefert sind, die uns mit allen Mitteln einlullen wollen.
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