Schwäbische Zeitung: Die Bürger gut einbinden - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Einen grünen Anstrich suchen Parteien mittlerweile gerne. Öko ist politikfähig und stimmenfördernd geworden. Insofern ist es logisch, dass sich gerade die grün-rote Landesregierung von Anfang an für einen Nationalpark in Baden-Württemberg stark gemacht hat. Ein Schutzgebiet im Nordschwarzwald, der einzigen für so eine Fläche in Frage kommenden Region, ist zudem keine Erfindung der Regierung Kretschmann. Auch schwarz-gelbe Vorgängerregierungen diskutierten schon darüber - in unterschiedlicher Intensität allerdings.
Aus dem jetzt vorliegenden Gutachten lässt sich aber noch nicht ableiten, alle Bedenken seien ausgeräumt. Grün-Rot muss sich weiterhin am eigenen Anspruch messen lassen, die Bürgerschaft gut einzubinden. Gegen zu großen Widerstand in einer Region lässt sich mit einem Nationalpark keine Erfolgsgeschichte schreiben. Doch der Druck auf die Gegner vor Ort hat sich verstärkt, nicht nur Stimmung zu machen sondern Bedenken auch mit Fakten zu unterlegen. Viele Befürchtungen jedenfalls werden von den Gutachtern widerlegt.
Zur Begleitmusik der teilweise aus dem Ruder gelaufenen Diskussion um einen Nationalpark gehört auch der Widerspruch zwischen öffentlicher und nicht-öffentlicher Äußerung. Hinter den Kulissen haben sich längst Landräte und Bürgermeister auf den Weg gemacht, doch bitte, fast auf den letzten Drücker, weitere Flächen in Augenschein zu nehmen. Das könnte zu einem Geschacher verleiten, bei dem am Ende nicht mehr ausschließlich fachliche Gründe den Ausschlag dafür geben, wer denn nun den Zuschlag erhält. Noch mal genau zuhören ist deshalb angesagt. Und danach transparent und fest entscheiden.
Es mag zwar noch immer für viele Zeitgenossen unvorstellbar sein, der Natur freien Lauf zu lassen. Nur ist diese gar nicht immer zu bändigen. Eine überschaubare Fläche aber lässt sich abgrenzen, ohne dass die Welt aus den Fugen gerät - erst recht nicht in einem Areal, in dem jetzt schon große Teile weitgehend sich selbst überlassen sind.
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