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Schwäbische Zeitung: Starkes schwaches Amerika - Leitartikel

Ravensburg (ots)

Einen Tag nach den Anschlägen von Boston ist jene Angst wieder da, die Amerika schon einmal ergriffen hat. Es ist diese Verunsicherung zu spüren, die deshalb so erstaunlich ist, weil Amerika doch eigentlich nie verunsichert ist.

Die Vereinigten Staaten von Amerika leben vom Pioniergeist, von der Lust am Aufschwung, von einem unerschütterlichen Glauben, dass man etwas schaffen kann, wenn man eine Idee hat.

Gerade hatte diese Nation das Trauma des 11. September 2001 irgendwie hinter sich gebracht. Die Wirtschaft erholt sich, der Krieg im Irak ist beendet, die Truppen aus Afghanistan werden bald abgezogen, da detonieren am Montag zwei Bomben in der Boylston Street in Boston, verstümmelten zahlreiche Menschen und töten drei Zuschauer.

Waren die Täter Islamisten? Oder waren sie rechtsradikale Amerikaner? Oder handelte hier ein irrer Einzeltäter, der sich für verschmähte Liebe oder eine verlorene Stelle rächen wollte? Die Antwort werden hoffentlich bald das FBI und die CIA liefern. Wir brauchen Erklärungen. Denn so wie ein Tod leichter zu verkraften ist, wenn Hinterbliebene die sterbliche Hülle in Empfang nehmen können, so wird die Verunsicherung abnehmen, wenn die Welt weiß, wer das getan hat.

Nur wäre Amerika nicht Amerika, wenn diese Nation nicht auch gelernt hätte aus den Übergriffen und dem Misstrauen, die auf den 11. September 2001 folgten. Damals wurden bärtige Inder als Muslime verprügelt, Menschen an den Rand gedrängt, weil sie aus Afghanistan oder dem Nahen Osten stammten. Die Nation begab sich in Kriege, sie schnürte sich selbst die Luft zum Atmen ab mit übertriebenen Vorsichtsmaßnahmen und neuen Regeln, die den Austausch von Menschen, ihren Ideen und ihrer Arbeitskraft schwierig machten.

Dieser Reflex wird sich kaum wiederholen, denn Amerika hat nur einen 11. September. Dieser Montag, 15. April 2013, wird sicher die Wachsamkeit erhöhen. Die neu gefundene amerikanische Selbstsicherheit sollte er nicht zerstören.

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