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Schwäbische Zeitung: Richter sind nicht sakrosankt - Leitartikel

Ravensburg (ots)

Es erscheint fraglich, ob sich die Leserinnen der Brigitte in ihrer Illustrierten vor allem über den NSU-Prozess informieren wollen. Und wer den Online-Auftritt eines Münchner Anzeigenblatts anwählt, wird dort kaum einen Bericht über das Verfahren gegen Beate Zschäpe und Konsorten suchen. Und dann ist da noch Radio Lotte in Weimar und die nichtexistente polnischsprachige Redaktion eines Privatradios in München. Oder al-Dschasira, die in der Türkei überhaupt nicht senden: Dies ist ein kleiner Ausschnitt der Medien, die per Losverfahren für den Prozess gegen die Mörderbande NSU akkreditiert wurden.

Die großen überregionalen deutschen Tageszeitungen, auch die Wochenzeitung Die Zeit, sind dagegen neben den meisten anderen Bewerbern leer ausgegangen. Das bedeutet auch, dass einige der renommiertesten, sachkundigsten Journalisten in Deutschland nicht aus München werden berichten können. Deshalb bleibt festzuhalten: Teil zwei des Trauerspiels um die Vergabe von Medienplätzen ist zwar abgewickelt, das Ergebnis aber so unbefriedigend wie nach Teil eins. Das Münchner Oberlandesgericht (OLG) hat auf ein Neues Souveränität vermissen lassen. Und es verbittet sich in scharfen Worten Kritik.

Die müssen die Richter aber hinnehmen. Die Justiz ist nicht sakrosankt, nicht einmal die bayerische. Sie besteht aus Menschen, denen Fehler unterlaufen, und es ist keine Respektlosigkeit oder gar ein Angriff auf die richterliche Unabhängigkeit, wenn diese Fehler beim Namen genannt werden. Man hat im jetzigen Verfahren einen Platz gesetzt für ein Medium in persischer Sprache - es fand sich kein einziger Bewerber. Weshalb wurden andererseits nicht zwei Plätze gesetzt für bundesweit erscheinende Tageszeitungen? Weshalb hat das Kriterium Reichweite keine Rolle gespielt? Vor allem aber: Wozu dieser ganze neue Ärger? Drei zusätzliche Stühle für türkische Journalisten hätten ausgereicht, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu erfüllen. Die Münchner Richter haben es vorgezogen, zu reagieren wie beleidigte Leberwürste.

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