Schwäbische Zeitung: Immer Mensch geblieben - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Da ist wieder ein Guter weg. Dieses Gefühl, diesen Gedanken haben viele, wenn sie von Ministerpräsident Matthias Platzecks Rücktritt erfahren. Was aber ist an Platzeck so sympathisch? Es ist die Schwäche und nicht die Stärke, die diesen Politiker so unverwechselbar machte. Sieben Jahre ist es her, dass er nach 146 Tagen im Amt als SPD-Chef mit Tränen in den Augen verkündete, dass er es gesundheitlich nicht schafft. Danach konzentrierte er sich wieder auf das, wozu seine Kräfte - bis vor kurzem - reichten, auf die Landespolitik in Brandenburg.
Platzeck hat über sein Land hinaus einen neuen Stil in die Politik gebracht, eine menschliche, freundschaftliche Art. Er war offener als viele westdeutsche Berufspolitiker. Er glaubte nicht an eine Basta-Politik, sondern an indirekte Führung. Er wollte Menschen zusammenbringen und Debatten anstoßen. Viele schätzten dies, Kritiker nannten ihn deshalb den Allgemeinplatzeck, der zu weich sei. Doch gerade das war seine Stärke: Er war ein Politiker, der Schwäche eingestand, der immer Mensch geblieben ist.
Der Ostdeutsche Platzeck ist in der Umweltbewegung groß geworden. Als Deichgraf, als Umweltminister von Brandenburg ist er bei der Oderflut bundesweit in die Schlagzeilen gekommen. Platzeck war seitdem das Zugpferd der SPD in Brandenburg. Viele haben weit mehr ihn als seine Partei gewählt. Die ersten Jahre hat er in einer Großen Koalition regiert, die letzten Jahre zusammen mit der Linken. Beides ging relativ geräuschlos und zugleich erfolgreich über die Bühne. Mit seinem Rücktritt ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl gibt er jetzt seinem Nachfolger die Gelegenheit, sich einzuarbeiten und zu präsentieren.
Als Aufsichtsratschef des Berliner Flughafens kann Platzeck eine politische Großbaustelle nicht geordnet übergeben. Das Berliner Flughafen-Chaos gehört zu den Schattenseiten seiner Bilanz. Das wird für ihn das Schmerzhafte am Abschied sein, denn Platzeck gilt als preußisch. Seine Pflicht aber wird er hier nicht mehr erfüllen können.
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