Schwäbische Zeitung: Seehofer gibt den Sonnenkönig - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Nicht nur bei der Energiewende bestimmt Horst Seehofer ziemlich eigenmächtig, wo es langgeht - in Bayern und womöglich in Deutschland. Auch seine Umgangsformen mit den eigenen Leuten erinnern mal wieder an absolutistische Sonnenkönige - ausgerechnet in Wildbad Kreuth, wo schon Zaren in die Kur gegangen sind.
Vor einem Jahr erst hat der CSU-Chef die damals amtierende Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner mit überschwänglichen Vorschusslorbeeren nach Bayern gelockt. Seitdem demontiert er die jugendliche Hoffnungsfrau, wo immer möglich. Wenn die bayerische Wirtschaftsministerin Pumpspeicherkraftwerke gut findet, tritt ihr Kabinettschef auf die Bremse. Wenn Seehofers Wille geschieht, werden neue Windkraftanlagen im Freistaat nahezu ausgeschlossen sein.
Der vorläufige Höhepunkt solcher Kabale kommt ausgerechnet zum Klausur-Auftakt in Wildbad Kreuth: Die Kronprinzessin hat vorgeschlagen, die horrenden Anfangskosten der Energiewende auf mehrere Generationen zu verteilen. Auch das passt Seehofer nicht in den Kram, weil er sich in den Gedanken der Generationengerechtigkeit verliebt hat.
Das Problem ist aber: In diesem Sonderfall werden künftige Generationen beim Strompreis profitieren. Die heutigen hingegen müssen eine Riesenlast schultern, die Seehofer an vorderster Stelle verursacht hat, weil es ihm mit dem Ökostrom gar nicht schnell genug gehen konnte und er Bundesregierung und Kanzlerin entsprechend unter Druck gesetzt hat. Jetzt läuft der Plan des CSU-Chefs darauf hinaus, dass Normalverbraucher gewaltig blechen.
Nebenbei: Der Umgang mit dem CSU-Stimmenkönig Peter Ramsauer lässt grüßen. Gegen die unaufgeregt-besonnenen Kommentare, die der Ex-Bundesverkehrsminister zu Seehofers Herzenswunsch nach einer Autobahn-Maut für Ausländer vorgelegt hat, wirken die Einlassungen des Nachfolgers Alexander Dobrindt bislang jämmerlich. Aber Dobrindt hat halt den Segen des CSU-Königs, im Augenblick zumindest.
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