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Schwäbische Zeitung: Bunter ist nicht besser - Leitartikel

Ravensburg (ots)

Selbst schuld, können Kritiker des Europäischen Zusammenhalts sagen. Soll das Europaparlament doch erst mal ein richtiges Parlament werden! Weil es das nicht ist, kippt Karlsruhe die Sperrklausel, die sie für den Bundestag im Interesse der Regierungsfähigkeit für durchaus berechtigt hält.

Ein verheerendes Urteil, finden dagegen viele Europafreunde. Sie haben recht. Denn Karlsruhe sagt unter dem Strich nichts Anderes, als dass das Europaparlament erst einmal ordentlich zersplittern muss, bevor der deutsche Gesetzgeber Hürden einziehen darf - und das in der heiklen Lage, in der sich ein krisengeschütteltes Europa befindet.

Gerade setzt das Europäische Parlament zum Sprung an, mehr Macht zu bekommen. Diesmal wählt es den Kommissionspräsidenten, also quasi den Regierungschef der Europäischen Union. Da kommt das Karlsruher Urteil einem Schlag in den Nacken gleich, indem es das Parlament behandelt, als sei es ein kleiner Gemeinderat, den man vor sich hinwursteln lässt, weil es angeblich nicht um so furchtbar viel geht.

Sicher, die kleinen Parteien werden das Urteil feiern. Keine Stimme geht verloren, ist ihre Begründung. So sehr einen dies bei einzelnen Parteien auch freuen mag - der Arbeit im Parlament schadet es eher, wenn es mithilfe aus Karlsruhe jetzt noch bunter zugeht. 163 Parteien sind heute schon vertreten, jetzt kommen weitere hinzu. Auch solche vom rechten Rand, die mit der Hürde keine Chancen gehabt hätten.

Wenn das alles nicht klappt, kann ja jederzeit eine Änderung vorgenommen werden, so lautet der Trost des Bundesverfassungsgerichts. Vorausschauende Politik sieht anders aus. Aber es ging ja auch um Recht, nicht um Politik. Die Politiker der großen Parteien haben jetzt nur eine Chance, die sie auch schon in Landtagen und im Bundestag erfolgreich nutzten. Sie können mit guter Arbeit überzeugen und demonstrieren, dass dagegen einzelne Abgeordnete von den Rändern des Parteienspektrums nicht mithalten und nicht viel bewirken können. Bunter ist eben nicht immer besser.

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