Schwäbische Zeitung: Lohnpolitik in besten Händen
Ravensburg (ots)
Das gehört zum Geschäft: Die Arbeitgeber sehen regelmäßig vor wichtigen Tarifrunden dunkle Wolken am Horizont, Gewerkschaften weisen darauf hin, dass man in der Vergangenheit bescheiden, vielleicht zu bescheiden war und dass jetzt mehr drin sein muss. Doch dieses Mal ist alles anders.
Erstens schlugen die Wogen besonders hoch, weil sogar die Bundesbank Überlegungen anstellte, dass die Lohnerhöhungen in Deutschland deutlicher ausfallen müssten als in der Vergangenheit. Das ist Wasser auf die Mühlen der Gewerkschaften. Zweitens sind die Wolken am internationalen Himmel so dunkel, dass auch Arbeitnehmer sie nicht übersehen können. Dass das Wachstum Deutschlands durch die Krise im Nahen Osten, die sich auf den Energiesektor niederschlagen könnte, und durch die Ukraine-Krise gefährdet werden kann, liegt auf der Hand.
Es ist Aufgabe des Arbeitgeberpräsidenten, diese Unsicherheiten zu betonen. Es ist an den Gewerkschaften, auf die Kaufkraft der Arbeitnehmer aufmerksam zu machen und darauf, dass mehr Geld in den Taschen der Arbeitnehmer letztlich auch der Wirtschaft zugutekommt. Aber es ist nicht die Aufgabe der Bundesbank, sich da einzumischen.
Bislang haben sich die deutschen Tarifparteien immer noch auf gutem Weg getroffen. Die Verfassung der deutschen Wirtschaft ist gut, Deutschland ist die Konjunkturlokomotive Europas. Die deutschen Arbeitnehmer in vielen Branchen haben daran einen großen Anteil und deshalb ganz gewiss gute Lohnerhöhungen verdient.
Dass nun aber laut Bundesbank und EZB die Deutschen ihre Löhne besonders steigern sollen, damit die höheren Löhne in Deutschland zu steigenden Preisen in Europa führen und damit Deflationstendenzen im Keim ersticken, ist äußerst fraglich. Es ist ein guter Schulterschluss, dass sich deutsche Gewerkschaften und Arbeitgeber gemeinsam dagegen wehren, Tarifabschlüsse zum Instrument im Kampf gegen die Eurokrise zu machen. Lohnpolitik ist bei ihnen in den besten Händen.
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