Schwäbische Zeitung: Arbeitsmarkt für Flüchtlinge öffnen
Ravensburg (ots)
Wer in Deutschland arbeiten will, soll arbeiten dürfen. Auch Flüchtlinge. Ob ein Mensch, der sein eigenes Geld verdienen und Steuern zahlen will, aus Aleppo, Alicante oder von der Alb kommt, darf keine Rolle spielen.
Leider scheitert die Integration von Flüchtlingen aus dem außereuropäischen Ausland in den heimischen Arbeitsmarkt noch zu häufig an Bürokratie, an mangelnder Willkommenskultur und am unerträglichen Eiertanz um die Anerkennung von Schul-, Berufs- und Studienabschlüssen. So nimmt Deutschland Flüchtlingen die Möglichkeit, sich im Arbeitsleben zu integrieren. Zugleich wird die Chance verschenkt, neue Mitarbeiter zu gewinnen, während die Wirtschaft unermüdlich über den Fachkräftemangel jammert. Die Vorrangregelung, nach der Asylbewerber erst nach neun - ab Januar drei - Monaten arbeiten dürfen, falls es keinen geeigneten Bewerber aus Deutschland oder der Europäischen Union gibt, gehört abgeschafft. Sie bremst Betriebe und Bewerber unnötig aus. Sie müssen selbst entscheiden dürfen, mit wem sie arbeiten wollen, ohne dass Behörden diese Engagements totprüfen.
Betrieb und Bewerber werden Brücken für Sprache, Kultur und Bildung bauen müssen. Diese Investition muss sein, obgleich es passieren kann, dass Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren müssen oder wollen. Aber eine Garantie für ewig währende Arbeitsverhältnisse gibt es nie - auch nicht unter Einheimischen.
Schon jetzt ist Baden-Württemberg das Land mit dem höchsten Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund. Es darf stolz sein auf seine Vorreiterrolle. Der Arbeitsmarkt im Südwesten kann es sich gar nicht leisten, auf Zuwanderung zu verzichten. Handwerk, Handel, Pflegeberufe - überall gibt es mehr offene Stellen als Bewerber. Wenn also beim alteingesessenen Bäcker oder Metzger im Ort ein Mitarbeiter aus Afrika hinterm Ladentisch steht, dürfen Kunden dies von Herzen begrüßen. Andernfalls könnte es in naher Zukunft passieren, dass diese Geschäfte um die Ecke einfach schließen, weil kein anderer den Job mehr machen will.
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